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Weihnachtsmarkt und Coworking-Space

Pläne für eine Zwischennutzung der Kustermannville nach Auszug des Mieters

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Zur künftigen Nutzung der Kustermannvilla gibt es intensive Überlegungen © L.G.

Was wird aus der Tutzinger Kustermannvilla? Diese Frage wird aktuell, denn der derzeitige Mieter zieht Ende Oktober aus, weil der Vertrag dann endet. Was auf Dauer mit der Villa geschieht, ist nicht klar. Die Gemeinde hält sich dies offen, denn das historische Gebäude gilt als denkbare Möglichkeit, mit seiner Hilfe die hohen Kosten von rund 25 Millionen Euro für die Sanierung der Mittelschule zu finanzieren.

Aus diesem Grund steht schon seit längerer Zeit ein Verkauf der Villa zur Debatte. Im Hauptausschuss des Gemeinderats hat Bürgermeisterin Marlene Greinwald die Kustermannvilla am Dienstag als „das Pfand für die Sanierung der Mittelschule“ bezeichnet. Eventuell käme wohl auch eine Erbpacht-Lösung in Frage.

Vorerst soll es Zwischenlösungen geben. So könnte bei der Villa in diesem Jahr ein Weihnachtsmarkt stattfinden, wie Greinwald im Hauptausschuss andeutete. Ob das klappt, sei aber noch nicht entschieden – dies hänge davon ab, wieviele Anmeldungen für Stände es geben werde.

Auch eine Nutzung als „Coworking-Space“ kann sich die Bürgermeisterin für eine gewisse Zeit vorstellen. Darunter versteht man flexibel verwendbare Büroräume, in denen mehrere verschiedene Unternehmen oder Selbstständige tätig sind, manchmal nur für eine gewisse Zeit und nicht selten nur an einem Schreibtisch.

Der bisherige Mieter von Rheinbaben, der auch Honorarkonsul von Bolivien für Bayern und Baden-Württemberg sowie Initiator des Kunstpreises "Phönix" ist, hat schon angekündigt, dass er mit seinen Aktivitäten auf das Gelände des Starnberger Tennisparks umziehen wird, den er gepachtet hat. Dort gebe es ausreichend Büroraum.

Die Kustermannvilla geht auf den Münchner Unternehmer Max Kustermann zurück. Er hat in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts während des Baus der Bahnstrecke im damals noch unverbauten Süden von Tutzing viel Grund gekauft, auf dem er eine elegante, klassizistische Villa errichten ließ. Unweit von ihr entfernt ließ er ein Wirtschaftsgebäude dazu bauen, das heute als Kustermannvilla bezeichnet wird. Es handelt sich um einen zweigeschossigen Walmdachbau mit hervorspringenden Gebäudeteilen, so genannten Risaliten, und einer Neurenaissance-Fassade. Die Gemeinde Tutzing hat den von Hofgartendirektor Carl Effner im englischen Stil angelegten Park mit der Villa in den frühen 1970er Jahren erworben. Zunächst sollte die Villa zu einem Kulturzentrum werden, später wurde sie vermietet.

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Kommentare

Eine Gemeinde sollte nicht aus der Substanz leben.
Stück für Stück das Tafelsilber zu verwerten ist keine (nachhaltige) Lösung.
Andererseits stellt sich schon die Frage, ob das Objekt nicht wirtschaftlich genutzt werden sollte. Wir alle wissen, dass die Gemeinde knapp bei Kasse ist. Da ist schon zu hinterfragen, ob eine allgemeine öffentliche Nutzung, die wieder nur ein Kostenfaktor ohne nennenswerten Zusatznutzen darstellt, sinnvoll ist.
Der Kustermannpark wurde damals an die Gemeinde verkauft mit der Bedingung, den Park nicht zu bebauen, ihn also als Eigentum der Gemeinde allen Bürgern zur Nutzung zuzuwenden. Wenn jetzt das Gebäude an eine Privatperson verkauft würde, dann verstößt der Gemeinderat damit genau dagegen, weshalb Herr Kustermann das damals an die Gemeinde verkauft hat: Zur Nutzung durch und für die Bürger, eben nicht zum Privateigentum. Daher sind die Vorschläge unserer Bürgermeisterin begrüßenswert, die statt einer weiteren Abschottung oder gar einem Verkauf eine Öffnung der Villa für örtliche Aktivitäten vorschlägt. Vorstellbar wäre auch ein Kulturzentrum mit einem Tages-Café, in dem Künstler auftreten können, Maler, Schauspieler, Autoren, Musiker. Es bietet sich jetzt die große Chance, dieses Kleinod für die Bürger Tutzings zu öffnen, also weg mit den Zäunen.

Zur Finanzierung der Mittelschule sollten andere Möglichkeiten genutzt werden. Für Schulung und Ausbildung ist nicht nur unsere Gemeinde zuständig, zumal ein Teil der Schüler aus Nachbarorten anreist. Zudem liegt es im Ermessen des Gemeinderates, wenn er abwägen kann zwischen der Besteuerung von Immobilien sehr reicher Eigentümer und seinen kulturellen Verpflichtungen gegenüber allen Bürgern, wenn er denn einen Bürgerentscheid vermeiden will.

Ernst von der Locht, Dipl. sc.pol.
(Bearbeitet)
Die einfachste Möglichkeit, mit der eine Gemeinde im Jahr 2022 Geld verdienen kann, ist die Produktion solcher Güter, die jetzt und zukünftig knapp sind. Und das ist: Energie, namentlich regenerative Energie. Im Übrigen wurde dieser Vorschlag, schon vor einigen Jahren von den Grünen, und zwar von Bernd Pfitzner, in den Gemeinderat eingebracht. Und er löste dort bei der rechtskonservativen Mehrheitsfraktion herzhaftes Lachen aus. Pfitzners Idee erweist sich heute als visionär, und dass sie ignoriert wurde, kommt uns alle heute schmerzhaft teuer zu stehen.
Aus Interesse der Tutzinger Bürger heraus, wäre es natürlich am allerschönsten, wenn dieser Teil des Kustermannparks im Besitz unserer Gemeinde bleiben, und zukünftig sogar möglichst öffentlich zugänglich und allgemein nutzbar werden könnte. Zaun entfernen und fürs Gebäude eine passende Nutzung unterbringen: Kindergarten? Ein Ausflugslokal? Miet-Ateliers für Tutzinger Künstler? (Tutzing hat eine beeindruckende Tradition als inspirativer Ort für Künstler.) Allgemeiner Ideenwettbewerb?

Falls doch jetzt Cash benötigt wird, sollte man bitte trotzdem prüfen, ob man einen Randstreifen an allen 4 Seiten abtrennen und im Besitz der Gemeinde behalten könnte:
-> Der wertvolle alte Baumbestand bliebe so unter dem direktem Einfluss & Schutz der Gemeinde.
-> An der Hauptstraße könnte man einen Grünstreifen mit ein paar schattigen Bänken für Fußgänger und Radler anlegen.
-> Der Nemesweg ist an der Nordseite sehr eingezwängt und auch an der Ostseite zum See hin täten ein paar Meter mehr Raum gut.
-> Ähnliches gilt auch für die Südseite und den Übergang in den öffentlichen Teil des Kustermannparks.

Außerdem gehe ich davon aus, dass sich unsere Gemeinde ggf. ein Vorkaufsrecht/Rückkaufsrecht vorbehält.
(Bearbeitet)
Die Kassen der Gemeinde sind anscheinend zu leer, als dass sie ihre Pflichtaufgaben ohne den Verkauf von kommunalem Grund und Immobilien nachkommen könnte. Wie alle Verarmten verscherbelt sie nun, was sich irgendwie zu Geld machen lässt, aktuell wäre das die Kustermannvilla. Nur ist das leider unseren Kindern und Kindeskindern gegenüber zutiefst ungerecht. Denn was heute verkauft wird, kann morgen nicht mehr genutzt oder veräußert werden. Verantwortliches Regieren schließt deshalb den Verkauf von solchen Gütern in der Regel aus. Außer es handelt sich um eindeutig nachhaltige und kluge Investitionen, die unter dem Strich mit einer deutlichen Wertsteigerung des Portfolios einhergehen. Für die Gegenwart gilt ein moralisch begründetes Verkaufsverbot in ganz besonderem Maß. Denn wir wissen heute schon ziemlich genau, dass die nächsten Jahrzehnte durch Naturschwund, Klimawandel und die daraus resultierenden Krisenlagen erheblich stärkere Belastungen mit sich bringen werden, als wir sie heute erleben.

Und es gibt noch ein wichtiges Argument, das gegen die Veräußerung solcher Schätze in Privatbesitz spricht. Die zurückliegenden Jahrzehnte waren von einer doppelten Umverteilung bestimmt. Die Privatvermögen der Bürger wuchsen in der jüngeren Vergangenheit enorm an, während die öffentliche Hand immer ärmer wurde. Ihre Handlungsfähigkeit erhielten Staat, Land und Kommune sich allein durch den Aufschub von Investitionen. So zeigt sich gerade in diesen Wochen, in wie vielen Bereichen wir in Deutschland auf einer dysfunktionalen, museumsreifen, unterausgestatteten und regelrecht maroden Infrastruktur sitzen. Eine solche Umverteilung der Vermögen vom Staat an die Bürger wäre begrüßenswert, wenn von ihr alle gleichermaßen profitieren würden. In Deutschland hat jedoch gleichzeitig eine Umverteilung von unten in die Privatschatulle der Reichen und Superreichen stattgefinden: Ein Prozent der Erwachsenen besitzen heute 35 Prozent des Nettogesamtvermögens, 90 Prozent der Erwachsenen besitzen hingegen nur 33 Prozent des Nettogesamtvermögens.

An diese Superreichen, die ihr Vermögen in den zurückliegenden dreißig Jahren weitgehend anstrengungslos über die Börse, über Ver- und Zukäufe enorm vergrößern konnten, sollen nun die Kustermannvilla und der zugehörige Grund verkauft werden. Wollen und dürfen wir das wirklich? Nein, das wollen wir nicht, und wir dürfen das auch nicht. Zumindest dann, wenn wir nicht blind für die Realität sind und einen Funken Verantwortungsgefühl für die nachfolgenden Generationen in uns tragen.
(Bearbeitet)
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