Wirtschaft
27.5.2020
Von Lorenz Goslich

Ende einer Tutzinger Ära

Am Samstag ist bei Edeka im Ortszentrum der letzte Tag - Ein Supermarkt über Jahrzehnte

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Über Jahrzehnte ein wichtiges Geschäft für den Ort: Tutzing spiegelt sich im Schaufenster des Edeka-Marktes © L.G.

Eine Tutzinger Ära geht zu Ende. Sehr lange gab es in der Ortsmitte, direkt an der Hauptstraße, einen Supermarkt. Über Jahrzehnte hat ihn das Handelsunternehmen Tengelmann betrieben. Seit ein paar Jahren war es ein Edeka-Markt, weil Edeka zahlreiche Tengelmann-Filialen - und so auch diesen - übernommen hat. Aber nun ist Schluss. Edeka schließt dieses Geschäft. Am Samstag dieser Woche ist der letzte Verkaufstag.

Viele Tutzinger hatten eine solche Entwicklung schon seit Jahren erwartet. Tengelmann hatte nach und nach zwei weitere Märkte eröffnet - einen an der nördlichen Hauptstraße, einen an der Lindemannstraße. Mit drei Märkten hat sich die Handelsgruppe so in Tutzing eine sehr starke Marktstellung erarbeitet. Viele Kunden glaubten dies auch in der Produkt- und Preispolitik zu erkennen. Etliche Waren, die man anderswo kaufen konnte, gab es beispielsweise in Tutzing nicht.

Einen Wettbewerb durch einen anderen Supermarkt hätte manch einer deshalb begrüßt. Viele befürchteten aber eine Schließung des Edeka-Marktes in der Ortsmitte, wohl in der Erwartung, dass keine Nutzung durch einen anderen Lebensmittelanbieter folgen, sondern das Geschäft komplett wegfallen werde. Die zuständige Edeka-Zentrale Südbayern in Gaimersheim bei Ingolstadt bestritt Stilllegungspläne energisch. Noch Anfang dieses Jahres versicherte ihr Pressesprecher Christian Strauß auf Anfrage von vorOrt.news, für eine Schließung gebe es keine Anzeichen. Nur vier Monate später hat der selbe Sprecher die Schließung des Marktes in der Ortsmitte bestätigt.

Wie es mit diesen Räumen nun weitergeht, scheint noch nicht ganz klar zu sein. Nach Informationen von vorOrt.news gab es bereits Interessenten für eine Nachfolgenutzung. Dies bestätigt auch Edeka. Alle Gespräche hinsichtlich einer Nachnutzung seien jedoch bisher nicht erfolgreich gewesen.

Es gab bereits Interesse an einer Fortführung des Marktes

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Erdal Babacan hätte den Markt gern als Lizenznehmer von Edeka weitergeführt © L.G.

Unter den Interessenten waren auch Tutzinger Geschäftsleute. Erdal Babacan hat bereits mit Edeka verhandelt. Der Betreiber des „Tutzinger Früchtehauses“ im Laden Vinzenz-Murr wollte den Markt gern als Lizenznehmer von Edeka weiterführen.

Doch das Unternehmen wollte den Namen Edeka nicht für den Markt beibehalten und wohl auch nicht als Lizenzgeber fungieren. Stattdessen möchte Edeka die Kunden lieber zum Kauf in seinen anderen beiden Märkten veranlassen, an der nördlichen Hauptstraße und an der Lindemannstraße. Deshalb wäre aus seiner Sicht eine Fortführung des Marktes in der Ortsmittel unter dem Namen Edeka wohl weniger sinnvoll. Zum Einkauf in den beiden anderen Märkten fordert Edeka die Kunden sogar schriftlich mit einem entsprechenden Hinweis auf Plakaten auf (siehe Bild ganz oben auf dieser Seite).

Babacan hat aus diesem Grund bei Edeka mittlerweile abgesagt, wie er erzählt. Interesse an einem Betrieb dieses Marktes hätte er durchaus auch weiterhin, wie er durchblicken lässt - auch unter einem anderen Namen. Doch allein möchte er ein solches Unternehmen nicht stemmen. Das Risiko ist ihm zu groß. Wenn sich ein Partner oder mehrere Partner finden würden, die sich finanziell beteiligen würden, dann wäre er allerdings nach wie vor bereit, es zu wagen, wie er sagt.

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Mitten drin: Edeka hat auch den Geschäften rundherum Laufkundschaft beschert © L.G.

Sorgen unter den Geschäftsleuten in der Nachbarschaft

Was ein Stillstand dieses Marktes für das Tutzinger Ortsleben bedeuten würde, darüber wird nun im Ort viel diskutiert. Alle Geschäfte in der Umgebung profitieren von der Laufkundschaft, die durch den Edeka-Markt herangezogen wird. Wenn sie wegfällt, werden dies die meisten Läden rundherum wohl mehr oder weniger in ihren Umsätzen zu spüren bekommen.

Etliche Geschäftsleute aus der Nachbarschaft äußern sich deshalb besorgt. Aus anderen Kommunen kennt man die Folgen solcher Entwicklungen, die nicht selten weitere Geschäftsschließungen nach sich gezogen haben. Das Interesse an einer Fortführung des Marktes in der bisherigen oder auch einer anderen Form müsste also groß sein.

Die bevorstehende Sanierung der Hauptstraße ist für geschäftliche Neuplanungen an diesem Standort allerdings alles andere als hilfreich. Auch Edeka hat die zu erwartende Großbaustelle direkt vor diesem Geschäft als eines der wesentlichen Probleme genannt, nachdem die Umsätze schon in der jüngeren Vergangenheit rückläufig gewesen seien.

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Über den Autor
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Lorenz Goslich

Wirtschafts- und Lokaljournalist, Diplom-Kaufmann, Dr. oec. publ. Schreibt für diverse Medien und liebt seinen Heimatort Tutzing.

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Kommentare

auch ich vermisse diese Einkaufsmöglichkeit und hoffe, dass von uns Kunden die mitten im Ort ansässigen Einzelhändler weiter frequentiert werden. Es ist einfach noch ein Erlebnis, einzukaufen, man kennt sich schon lange, bekommt auch noch einen Tipp, wenn mal eine "Schraube locker ist- das können und wollen die zentral gesteuerten Geschäfte in der Peripherie gar nicht leisten, denn da zählt nur der schnelle Umsatz der dort überall meist gleich präsentierten Waren im Sonder-Angebot. An den "Spar" kann ich mich noch erinnern, seitdem hat sich viel verändert - nun liegt es an uns, das alt vertraute zu bewahren - es sollte uns das wert sein.
Es wirklich schade, nicht nur für ältere Menschen sondern für jeden, der versucht möglichst oft auf das Auto zu verzichten! Ich habe dort nahezu täglich meine Einkäufe erledigt und werde die Einkaufsmöglichkeit im Ort sehr vermissen.
...ewig schade - schon als Kind beim „Kaisers“ damals eingekauft da zentral - allerdings zwecks Parkmöglichkeit für größere Einkäufe „schwierig“...
Irgendwie trotzdem ein Verlust auch für ältere Leute...
Aber wer kann sich noch an den kleinen „Spar“ erinnern..?
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