
Die Grünen beantragen den Beitritt der Gemeinde Tutzing zur Initiative „Lebenswerte Städte und Gemeinden“. Die Initiative fordert den Bund auf, die rechtlichen Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass Kommunen Tempo 30 als Höchstgeschwindigkeit innerorts anordnen können, wo sie es für notwendig halten. Am Dienstag steht dieser Antrag auf der Tagesordnung des Tutzinger Gemeinderats (Rathaus, Sitzungssaal, Beginn 18 Uhr).
Derzeit lege der Paragraf 45 der Straßenverkehrsordnung fest, dass Tempo 30 nur bei konkreten Gefährdungen oder vor sozialen Einrichtungen wie beispielsweise Kitas und Schulen angeordnet werden könne, argumentiert die Initiative. Lebendige, attraktive Städte brauchten lebenswerte öffentliche Räume. Gerade die Straßen und Plätze mit ihren vielfältigen Funktionen seien das Gesicht und Rückgrat der Städte. Sie prägten Lebensqualität und Urbanität, und sie beeinflussten ganz entscheidend, ob Menschen gerne in ihrer Stadt leben. Ein wesentliches Instrument zum Erreichen dieses Ziels sei ein stadt- und umweltverträgliches Geschwindigkeitsniveau im Kfz-Verkehr - auch auf den Hauptverkehrsstraßen. Doch bei der Anordnung von Höchstgeschwindigkeiten seien den Städten und Kommunen viel zu enge Grenzen gesetzt.
Die im Juli 2021 von den sieben „Initiativstädten“ Aachen, Augsburg, Freiburg, Hannover, Leipzig, Münster und Ulm gegründete Initiative setzt sich deshalb gegenüber dem Bund dafür ein, dass die Kommunen selbst darüber entscheiden dürfen, wann und wo welche Geschwindigkeiten angeordnet werden. Nach dem aktuellen Stand sind 517 Kommunen Teil des Bündnisses.
In einem Positionspapier der Initiative wird Tempo 30 für den Kraftfahrzeugverkehr auch auf Hauptverkehrsstraßen als integrierter Bestandteil eines nachhaltigen gesamtstädtischen Mobilitätskonzepts und einer Strategie zur Aufwertung der öffentlichen Räume bezeichnet. Die Verantwortlichen betonen aber auch, dass es in der Initiative keine Festlegung auf ausschließlich oder überall Tempo 30 - oder 40 oder 20 - gebe. Ziel der Initiative sei mehr Autonomie der Städte und Gemeinden bei der Ausweisung von Tempobegrenzungen.
Die Initiative "Lebenswerte Städte und Gemeinden'":
https://www.lebenswerte-staedte.de/

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Kommentare
Letztlich ist das reine Physik. Je schneller eine Masse bewegt wird, desto mehr Energie muss aufgewendet werden und desto mehr Luft wird in Schwingung versetzt. Schwingende Luft ist Schall, was im Verkehr Krach und Lärm gleichkommt.
Wissen solte man auch, dass das Tötungsrisiko bei 50 km/h bei 75 Prozent liegt gegenüber 10 Prozent bei Tempo 30. Wobei neben der Verletzungsstärke auch das Risiko für Unfälle insgesamt zunimmt, was mit dem von 13 auf 30 m verlängerten Anhalteweg zusammenhängt.
Somit kann das Jeder auch selbst nachprüfen, wie viel sein Auto beispielsweise im 3. Gang bei 30 gegenüber 50 im 5. Gang auf die gleiche Distanz (nicht Zeit) verbraucht.
Bei meinen Autos der letzten 30 Jahre waren die Unterschiede marginal, bzw. im nicht mehr messbaren Bereich.
Erst mein aktuelles, teilelektrisches Auto mit stufenlosen Getriebe ist bei Tempo 30 wirklich messbar sparsamer, aber immer noch sehr gering.
Außerdem gibt es SchallmessApps: Da kann Jeder das obige Experiment bzgl. Schallpegel - innen & außen - selbst ausprobieren.
(Dazu müssen die Apps nicht geeicht sein; für den Vergleich sollten gerätebedingte Messfehler unerheblich sein. Allerdings bitte auf vergleichbare Umgebungsgeräusche und Abstände achten.)
Wer das auch nur andeutet, verbreitet "alternative Fakten".
Wenn man sich unseren Verkehr hier in Tutzing anschaut (inkl. der Unfallstatistiken), dann erkennt man, dass die ganz überwiegende Mehrheit unserer Bürger sich bereits freiwillig aus eigener Einsicht sehr viel vorsichtiger und rücksichtsvoller verhält als manche Mitbürger ihnen fälschlicherweise nachsagen.
Ja, man kann auch ohne Verbot langsamer als die erlaubten 50 km/h unterwegs sein, wo immer das aus den unterschiedlichsten Gründen gerade Sinn macht. Die allermeisten meiner Mitbürger machen genau das. Tag-täglich ... und das funktioniert sehr gut.
Aus der Praxis sehen wir übrigens auch, dass Tempo 30 nicht das versprochene Allheilmittel ist:
-> Nicht ökologisch: die meisten Autos verbrauchen bei 30 km/h nicht weniger, da sie bei gleicher Drehzahl und Gasstellung jedoch in einem niedrigeren Gang durch den Ort fahren => weniger Wegstrecke bei etwa gleichem Verbrauch.
-> Das gleiche gilt ganz ähnlich für die Schallemissionen.
-> Bzgl. der Verkehrssicherheit verkürzt sich zwar der theoretische Bremsweg, gleichzeitig reduziert sich oft die Aufmerksamkeit & Konzentration aufs eigentliche Verkehrsgeschehen. (Auch bei Fußgängern und Radfahrern.)
Die echten, wirklich gefährlichen und störenden Poser & Raser beeindruckt Tempo 30 nicht. Schließlich ist ihnen Tempo 50 schon zu langsam und der serienmäßige Auspuff zu leise. Wer sich nicht an Tempo 50 hält, wird Tempo 30 erst recht ignorieren, und natürlich auch weiterhin möglichst laut herumbalzen! Diesen Damen & Herren tritt man besser mit gezielten Kontrollen entgegen.
Im Übrigen, habe ich mich niemals grundsätzlich gegen Tempo 30 eingesetzt.
Aber ich finde es gut so wie es ist: dass Tempo 30 jeweils sachlich nachprüfbar begründet sein muss.
Überall, wo dies so ist, findet Tempo 30 selbstverständlich auch meine Zustimmung.
Wer misst, bestimmt & definiert eigentlich den sogenannten "Lebenswert" in Tutzing?
Der Wohnungsmarkt beispielsweise gibt diebezüglich eine ganz andere Antwort: wenn Tutzing bislang NICHT lebenswert wäre, warum leben dann doch noch so viele Menschen trotz extremer Preise freiwillig hier?
Abgesehen davon haben wohl alle Tutzinger ihren eigenen, individuellen Blickwinkel und viele unterschiedliche Argumente.
(Was die Tutzinger als "Lebenswert" betrachten, sollte man dann besser auch mal ganz zu Beginn des ISEK/GEK breit abfragen! Für meinen Geschmack wird da bislang von den jeweiligen Akteuren zu viel behauptet, und zu wenig belastbar untersucht.)
Keine Gemeinde wurde je gezwungen die Straßen auf eine bestimmte Mindestgeschwindigkeit auszulegen. Das ist Unsinn!
Selbstverständlich können auch bereits unter dem bestehenden Recht die Geschwindigkeiten gezielt eingeschränkt werden, nur muss man dann eben die entsprechenden Sachverhalte/Argumente nachweisen können. Das empfinde ich für einem Rechtsstaat angemessen und gut so.
Aber vielleicht geht es hinter vorgehaltener Hand doch eher um die Durchsetzung einer ganz bestimmten politisch-ideoligischen Agenda? Nicht alle, die einen grundlegenden, radikalen Umbau unserer gesamten Gesellschaft anstreben, tun dies so offenherzig und unverblümt wie der - ehrliche - Herr Kerbs.
Apropos:
Die selbsternannte Initiative "Lebenswerte Städte und Gemeinden“ wurde von Oberzentren und Großstädten gegründet und dominiert.
Aber hat eine kleine 10.000 Seelen-Gemeinde wie Tutzing die gleichen Probleme wie beispielsweise die Großstädte Augsburg oder Leipzig?
Haben wir in Tutzing die gleichen Mittel und Voraussetzungen wie die niedersächsische Landeshauptstadt Hannover?
Wird Tutzing am Ende die gleiche finanzielle Unterstützung für verkehrslenkende Maßnahmen bekommen, wie diese Big-Player?
Oder suchen hier vielleicht ein paar große Häuptlinge nur möglichst viele kleine Indianer, um sie alle zusammen vor ihren großen Karren zu spannen?
Kommunale Spitzenverbände, die demokratisch legitimiert und bestens vernetzt sind, gibt es längst: beispielsweise - speziell für viele ähnliche Kommunen wie Tutzing - den deutschen Städte- und Gemeindebund e. V. (DStGB), der bundesweit und auf europäischer Ebene die Interessen der kommunalen Selbstverwaltung sogenannter "kreisangehöriger Gemeinden" vertritt.
Unter Seinesgleichen ist man meist am besten aufgehoben, oder?