Von Sonja Bonneß

Moor Geschichte, please!

ADFC-Radtour ins Weilheimer Moos - Kampberg ist durch den Torfabbau entstanden

Die Landschaft rund um Tutzing ist nicht nur außergewöhnlich schön, sie ist auch außergewöhnlich gut zum Klima- und Wasserschutz geeignet, denn sie ist geprägt von Mooren. Moore sind hervorragende CO2- und Wasserspeicher, zumindest wenn sie intakt sind.

Das ist leider oft nicht mehr der Fall, vor allem im Weilheimer Moos, wo jedoch auch zahlreiche Renaturierungsmaßnahmen die natürlichen Ökosysteme wiederbeleben wollen. Grund genug für den ADFC Tutzing, zusammen mit der AG Moore der Initiative „Tutzing klimaneutral“ und dem BUND Naturschutz Tutzing eine gemeinsame Radtour durch die moorvolle Landschaft in unserer Umgebung durchzuführen und auch über die Geschichte Tutzings zu reden, die eng mit dem Moor und dem Torfabbau verwoben ist.

Los ging’s am 20. Mai um 9 Uhr am Rathaus. Die Gruppe musste sich sputen, denn bereits um 10.30 Uhr wurde sie an der Ammerbrücke bei Unterhausen von Dr. Reinhold Schumacher von der „Schutzgemeinschaft Weilheimer Moos“ erwartet. Über Monatshausen, Diemendorf, Haunshofen, Wilzhofen und Wielenbach flogen wir quasi durch die frühlingshafte Landschaft und sammelten auf dem Weg ein paar eifrige Radlerinnen und Radler auf, so dass die Gruppe an der Ammer schließlich gut 30 Moorinteressierte umfasste.

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Einführung in die Lage am Weilheimer Moos © Silvia Stelzer
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Das Weilheimer Moos ist das letzte kommerzielle Torfabbaugebiet Bayerns

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Kommerzieller Torfabbau im Weilheimer Moos

Von dort ging es mit dem Rad weiter durch die abwechslungsreiche Landschaft des Weilheimer Moos. An mehreren prägnanten Zwischenstationen erklärte Herr Schumacher uns die wechselvolle Geschichte dieser besonderen Gegend. Wie an vielen moorigen Orten wurde hier zunächst ab dem 19. Jahrhundert Torf im kleinen Stil für den Eigenbedarf zum Heizen abgebaut. Interessanterweise begann dann aber ab den 1960ern der kommerzielle Torfabbau in größerem Stil – zu einer Zeit, in der an den meisten anderen Orten der Torfabbau eingestellt wurde, da Öl und Gas den Torf als Heizmaterial verdrängten. Der Torf aus dem Weilheimer Moos wurde daher auch nicht zum Heizen, sondern für Gartenerde verwendet. Bis heute wird hier Torf abbgebaut, was das Weilheimer Moos zum letzten kommerziellen Torfabbaugebiet Bayerns macht – aus Klimaschutzsicht nicht zu begrüßen.

Zum Glück setzt sich die Schutzgemeinschaft schon seit vielen Jahren für das Gebiet ein. Sie konnte zahlreiche Orte renaturieren und neue, wertvolle Ökosysteme schaffen, zum Beispiel am Lilienweiher, Schatterweiher und Birkenweiher. Die Naturschützer berichteten aber auch von Auseinandersetzungen mit Behörden und dem Biber, der oft eine andere Meinung dazu hat, wie gute Landschaftspflege aussieht. Zweieinhalb Stunden streiften wir radelnderweise durch diesen faszinierenden Ort, bis der Hunger uns weiter trieb.

Nach einer gemütlichen Einkehr im Gasthaus Dachsbräu führte uns der Weg zurück über die wunderschöne Hügellandschaft des Magnetsrieder Hardt, wo besonders das kleine Knabenkraut am Wegesrand viele begeisterte, die dabei waren und die Natur lieben.

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Für ein Foto vom breitblättrigen Knabenkraut lohnt es sich, kurz vom Fahrrad abzusteigen © Ulrike Eisenmann

Kampberg - vom Bahnhalt zum Abtransport des Torfs bis zum beliebten Tutzinger Ortsteil

Der nächste Zwischenstop war dann Kampberg, dessen Geschichte eng mit den Mooren rund um Tutzing verbunden ist: Der Ort ist nur aufgrund des Torfabbaus dort entstanden. Was zunächst ein Bahnhalt zum Abtransport des Torfs und vereinzelte Hütten war, entwickelte sich über die Jahre zu einem beliebten Ortsteil unserer Gemeinde. Die Spuren der Geschichte sind aber bis heute sichtbar, wie uns Reiner Scheinpflug erzählte, der in Kampberg aufgewachsen ist und den Torfabbau noch live miterlebt hat. Gebannt lauschte die Gruppe dem Bericht des Zeitzeugens, der mit alten Fotos die Vergangenheit auch bildlich wieder auferstehen ließ. Ergänzt wurde sein Bericht von einem weiteren Teilnehmer der Tour, der seine Kindheit in Diemendorf verbracht hatte, und von der Vorsitzenden des BN Patricia aus dem Siepen, die fachkundig Einblicke in die Pflanzenwelt auf dem noch vorhandenen und auch auf dem degradierten Moorboden einführte. Auch Frank Nölting, Förster des Gut Ilkahöhe, der als Teilnehmer der Radtour dabei war, brachte sein Fachwissen zur Gegend und möglichen Renaturierungsmaßnahmen der Tutzinger Moore ein. So ergab sich ein umfassendes und bewegtes Bild der Kampberger Ortsgeschichte, das das Interesse an weiteren Veranstaltungen zu dem Thema weckte – sei es zur Geschichte oder zu klimawirksamen Renaturierungsmaßnahmen in den Tutzinger Mooren.

Doch nun ging es erstmal zurück nach Tutzing, wo die Tour nach einem langen und abwechslungsreichen Tag endete. An dieser Stelle sei noch einmal ein Dank ausgesprochen an Dr. Reinhold Schumacher für die informative Führung, an Reiner Scheinpflug für die kleine Zeitreise und Patricia aus dem Siepen für die naturkundliche Führung und die gute Zusammenarbeit.

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Artenvielfalt auf der Wickenwiese in Kampberg © Ulrike Eisenmann
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Kommentare

Ein wunderbar geschriebener Artikel. Er lässt erahnen, dass das ein toller, informativer Tag mit sehr viel fachlicher Kompetenz war. Gänzlich im Sinne des Klimaschutzes in und um Tutzing. Danke.
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