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Was darf Kunst?

Neben viel Interesse an Ausstellung im Tutzinger Rathaus gibt es auch Kritik

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"Bilder-Explosion": Die Collage wird bei der Midissage am 31. Oktober im Tutzinger Rathaus versteigert

Kunst im Tutzinger Rathaus entfaltet seit Monaten magnetische Wirkung. Viele, die die Gemeindeverwaltung besuchen, zeigen sichtlich Interesse an den Werken einheimischer Maler, Fotografen und Bildhauer, die seit April dieses Jahres in einer Ausstellung der Tutzinger Gruppe "KulturArt am See" zu sehen sind.

Über manche Werke gibt es nun auch Diskussionen (siehe Kommentar unten auf dieser Seite): Was darf Kunst? In diese Debatte wird auch die Berichterstattung einbezogen: Journalisten seien als Besucher einer Ausstellung gefordert, aufmerksam zu sein und "solche Inhalte nicht bedenkenlos ins Netz zu stellen", wurde uns geschrieben. Das betreffende Bild von Claus Troendle hängt mittlerweile nicht mehr im Rathaus, es ist wie einige weitere Bilder verkauft und durch andere Bilder ersetzt worden.

"Lust auf Neues?" So lautet der Titel der Ausstellung. Am Dienstag wurde bei einer "Midissage die "Bilder-Explosion" versteigert - 108 Bilder von allen Mitwirkenden. Claus Troendle (Art & Photography München) war der Versteigerer, 2000 Euro kamen herein. Den Erlös erhält die Ambulante Krankenpflege Tutzing. 2000 Euro für die „Bilder-Explosion“

Für seine eigenen Bilder hat Troendle eine innovative neue Gestaltungstechnik entwickelt: Er stellt eine Vielzahl von Fotografien zu surrealen Bildern zusammen, die er dann mit Computerhilfe zu recht ungewöhnlichen Motiven weiterbearbeitet. Troendle hat auch in ganz anderer Hinsicht Erstaunliches vollbracht: Er ist Inhaber des Hammer-Weltrekords - “Hau den Lukas“. Auf dem Münchner Oktoberfest hat er 2007 sage und schreibe 333 Hammerschläge geschafft. Ein schlagfertiger Auktionator

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Weltrekordhalter und innovativer Künstler: Claus Troendle bei der Eröffnung der Tutzinger Ausstellung mit seinen innovativen Werken - die allerdings inzwischen auch Kritik auf sich ziehen © L.G.
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Der Computer als Kunsthelfer

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Bunte Vielfalt im Tutzinger Rathaus: (oben von links) Geburt der Planeten, Frühlingsbote, ein Werk ohne Titel, (unten von links) Bäume im Herbst, rot-grün-komplementär und Hüte

Noch bis zum 18. Januar 2024 wird eindrucksvolle Ausstellung im Tutzinger Rathaus zu sehen sein. Wie neue Ideen, neue Techniken und neue Impulse ungeahnte Kreationen hervorbringen können, dafür liefern die Beteiligten eine Fülle imposanter Beispiele.

Für lokale Tutzinger und Bernrieder Motive (von Gerda Efrat und Richard Westermeier) ist bei dieser Ausstellung genauso Platz wie für die Geburt der Planeten (Mary MacHöck), für Farbkompositionen wie „rot-grün-komplementär“ (Monika Lucia Zistl) oder - nach einer „Entscheidung“ verlangend - hell- bis dunkelgrün (Benedikt Spies).

In der bunten Vielfalt dieser Ausstellung finden sich Skulpturen ebenso wie Hüte (Bärbel Henschel), Frühlingsboten (Ulrike Weihe) wie Bäume im Abendrot (Gudrun Schmidt-Agheguian) oder ein Feuerball (Ina Hartwig). "Menschen" verschwimmen auf einem so betitelten Bild von Prof. Klaus Ehrlenspiel mehr oder weniger zu Linien.

Für die Zusammenführung analoger und digitaler Ausdrucksformen stehen in der Ausstellung neben den Werken von Claus Troendle noch weitere außergewöhnliche Exponate. So hat Ute Kirchhof ein Foto von Ilse Reiher, der Kuratorin dieser Ausstellung, mit diversen Grafik- und Layout-Programmen am Computer umgewandelt und in neue digitale Foto-Abstraktionen gebracht. Der Computer wird also auch mehr und mehr zum Kunsthelfer.

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Striche? Linien? Nein - Menschen, so wie sie Prof. Klaus Ehrlenspiel sieht

Viele weitere Impulse der Kreativität stammen von Irmgard Drieschner, Charlotte Lorenz, Uschi Merk, Karl Nassel, Gerlinde Otter, Christiane Rausch, Willi Renner, Irena Schiekora-Kiefer, Isolde Winkler, Wolfgang Sczyrba und Benedikt Spies.

Die Variationsbreite, die das Besondere dieser Ausstellung ausmacht, gelangt in der Collage "Bilder-Explosion", die nun versteigert wird, förmlich zum Ausbruch.

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Comments

Kunst wirkt eben über den Tag hinaus.
Das ist mal Fluch, mal Segen.
Ich verstehe nicht, was das jetzt noch soll!
Wenn Sie in der Ausstellung gewesen wären, haetten Sie gesehen, dass dieses Bild schon
lange ausgetauscht wurde!
Schönes Wochenende
Sehr geehrte Frau Dillmann,
natürlich haben Sie absolut recht, wenn Sie Empathie & Rücksichtnahme einfordern, gerade im Öffentlichen Raum!
Und ich stimme Ihnen auch zu, dass viel mehr von uns im Laufe ihres Lebens verstörende und traumatisierende Erfahrungen mit Übergriffen & Gewalt erleiden mussten. Auch wenn man nicht darüber sprechen will oder kann. Längst nicht nur Mädchen & Frauen, sondern auch Buben und sogar kräftige erwachsene Männer können Opfer sein. Keiner ist davor gefeit. Keiner.

Zurück zum in Frage gestellten Bild:
Ich persönlich sehe darin eine Verteidigung der Frauen...
Niemand hat das Recht diese oder andere Frauen abschätzig & übergriffig zu behandeln, sie zu bedrängen oder gar ihnen in irgendeiner Weise Gewalt anzutun. Niemand! Unter keinen Umständen! Dafür gibt es keine Rechtfertigungen!
(Bearbeitet)
Traurige Realität ist, dass nicht nur Frauen, auch Männer und vor allem Kinder und Jugendliche täglich sexuelle Übergriffe, physische und psychische Gewalt ertragen, mitten unter uns, ob in Vereinen, unter Mitschülern, im beruflichen Umfeld, in Partnerschaften oder in Familien, in denen man das nie vermuten würde. Die Opfer ziehen sich zurück, schweigen und leiden still vor sich hin aus abgrundtiefer Scham und aufgrund der Überzeugung, dass sie unwürdig und nicht liebenswert sind.

Das was sie erlitten haben kann nicht rückgängig gemacht werden. Aber was können wir tun?
Das eigene Unwohlsein überwinden, die Konfrontation mit dem Unerträglichen aushalten, aufmerksam hinschauen (auch in Ausstellungen) und Mitgefühl zeigen. Das ist ein wichtiges Signal für verletzte Menschen und hilft ihnen sich ihre Würde zurück zu holen, und sich wieder als Teil der Gemeinschaft zu fühlen.

In diesem Sinne, Herr Kerbs, richtet sich meine Kritik gegen die verletzende Ignoranz der Verantwortlichen den Menschen gegenüber, die von Ausstellungsstücken im Rathaus unfreiwillig unangenehm berührt werden. Es geht mir nicht um das Niveau der Exponate, vielmehr um eine rücksichtsvolle, traumaorientierte Auswahl in Bezug auf die Kunstwerke, die zukünftig in unserem Rathaus ausgestellt werden, egal wer die Bürgermeister*innenwahl gewinnen wird.
(Bearbeitet)
Die nachvollziehbare Kritik richtet sich gegen die Darstellung von Frauen als Objekte der sexuellen Betrachtung, was nicht gerade selten die Vorstufe zu ganz konkretem Leid ist. Ein ziemlich wichtiges Thema eigentlich, machen Frauen doch mehr als die Hälfte der Bevölkerung aus und werden sie allein durch ihr Geschlecht ziemlich häufig zu Opfern von Gewalt. Die Zahlen sind bedrückend: Jeden Tag versucht ein Partner seine Frau zu töten, und an jedem dritten Tag gelingt dies. Naturgemäß spielt in dem Zusammenhang Sexualität eine nicht ganz unwichtige Rolle.

Das Reifeniveau einer Gesellschaft lässt sich ziemlich direkt an deren Umgang mit ihren Frauen ablesen. Afghanistan, der Iran, die USA und auch Polen sprechen in der Hinsicht Bände. Wo es keinen Dialog über Geschlechtergerechtigkeit geben darf oder gibt, sieht es nicht gut aus für die Sicherheit und Lebensqualität von Frauen.

Und in Tutzing, teilt da niemand die Einschätzung von Frau Dillmann oder möchte Gegenrede führen? Traut sich vielleicht niemand, die eigene Einschätzung öffentlich zu machen? Beides müsste einem ernstlich zu denken geben.

Und beides würde zu dem großen Mängelbefund passen, der sich im BürgermeisterInnen-Wahlkampf für Tutzing herauskristallisiert hat: Dem Ort fehlt es an einer offenen, mutigen, konstruktiven und reifen Kommunikationskultur die von der politischen Führung in attraktiver Weise vorgelebt wird und die Bürgerschaft in einen unablässigen lebendigen Dialog mitreißt. Man schweigt lieber im Ort, was im Ergebnis der Stagnation des "Weiter so!" den Weg bereitet. – Leider werden dann auch die Bilder im Rathaus nicht an Niveau gewinnen.

Nachdem Herr Goslich unsere gestrige Diskussion eingebracht hat, erläutere ich gerne meinen Standpunkt.
In meiner Praxis arbeite ich mit Frauen, die sexuellen Mißbrauch erfahren haben und ihr Leben lang an den Folgen leiden. Nicht nur das, was Sie erlitten haben ist unerträglich. Genauso schlimm für sie ist die fehlende Bereitschaft zuzuhören und mitzufühlen, sowohl in ihrem Umfeld, als auch in der Öffentlichkeit.

Zuwendung und Empathie helfen traumatisierten Menschen, gewähren Ihnen Schutz und bieten ihnen Raum, den sie brauchen, um ihre seelischen Wunden zu heilen.
Hier sind wir alle gefordert, nicht nur wenn es um sexuelle Übergriffe geht.

Deshalb wünsche ich mir zukünftig mehr Taktgefühl und Besonnenheit bei der Auswahl von Ausstellungsstücken im Rathaus. Niemand sollte beim Behördengang gezwungenermaßen mit schmerzlichen Erfahrungen, in besagtem Fall mit sexuellen Männerfantasien, konfrontiert werden.
Wer ist eigentlich für die Auswahl der Kunstwerke zuständig?
Das Exponat, auf das Herr Troendle in der Abbildung oben besonders hinweist, ist in einem Rathaus völlig deplaziert.
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