Kommunikation
16.2.2023
Von vorOrt.news

„Monatshauser Mobilfunk-Lücke besteht nicht“

Gemeinde Tutzing wirft dem Vodafone-Konzern Missbrauch vor und lehnt Mast-Antrag ab

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Wird es so eine Mobilfunkanlage bei Monatshausen geben? Hier ein anderer Vodafone-Mast im Blick eines Konzern-Mitarbeiters © Vodafone

Die Gemeinde Tutzing wehrt sich energisch gegen die Mobilfunkplanung des Vodafone-Konzerns beim Ortsteil Monatshausen. Den Bauantrag des Unternehmen auf einem Grundstück in der Nähe des Dorfs lehnt sie ab. Der Bau- und Ortsplanungsausschuss des Gemeinderats hat dem Antrag in dieser Woche das „gemeindliche Einvernehmen“ verweigert.

Der vom beauftragten Rechtsanwalt Frank Sommer formulierte Beschluss lässt an Deutlichkeit nicht zu wünschen übrig. Grundsätzlich sei so eine Anlage für die öffentliche Versorgung mit Telekommunikationsdienstleistungen zwar im Außenbereich nach Paragraf 35 des Baugesetzbuchs privilegiert. Doch die Zulässigkeit des Vorhabens wird offen bezweifelt. Der Vodafone-Konzern hatte zur Begründung eine Versorgungslücke, einen so genannten „weißen Fleck“, in dem betreffenden Gebiet angeführt. Um dies zu überprüfen, wurden Versorgungskarten mehrerer Mobilfunkbetreiber - Deutsche Telekom, Telefónica und Vodafone selbst – genau untersucht. Ergebnis: In dem betreffenden Bereich gebe es bereits flächendeckend eine Versorgung durch alle drei Betreiber mit den Mobilfunkstandards 4G und teilweise 5G. „Die Begründung für die Notwendigkeit des Vorhabens trägt also nicht“, so wird in dem Beschluss gefolgert. Die Anlage diene nicht der öffentlichen Versorgung mit Telekommunikationsdienstleistungen, „weil die behaupteten Lücken oder Defizite in der Versorgung nicht bestehen“. Dem Vodafone-Konzern wird in dem Beschluss vorgeworfen, er nehme den Außenbereich missbräuchlich für ein formal privilegiertes Vorhaben in Anspruch, das tatsächlich nicht für den angegebenen Zweck erforderlich sei.

Trotz aller kritischen Punkte dürfte der Mast aber nicht „verschwinden“: Das hat Rechtsanwalr Sommer im Gemeinderat schon klar zum Ausdruck gebracht. Einen anderen Standort als den bisher vorgesehenen Platz halten die Tutzinger Verantwortlichen und der Rechtsanwalr aber für besser geeignet und auch für „außenbereichsschonender“. Dabei sind derzeit vor allem zwei Varianten im Gespräch:

Andere Varianten:

An Hochspannungsleitung in der Nähe gibt es bereits Mobilfunk

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Mobilfunk auf Hochspannungsmast bei Oberbrunn © TenneT

Bei Monatshausen verläuft eine Hochspannungsleitung. Auf einem ihrer Masten könnte eine Mobilfunkanlage angebracht werden, ohne dass ein neuer Mast errichtet werden müsste. Beim Eon-Konzern gibt es dafür sogar ein aktuelles Projekt namens „TowerCo“: Strommasten und Antennenflächen sollen mehr und mehr für den Mobilfunk verwendet werden.

Die in diesem Fall in Frage kommende 380-Kilovolt-Hochspannungsleitung führt von Habach nach Oberbrunn. Seit 1998 befindet sich in der Nähe von Oberbrunn bereits ein Mast mit Mobilfunk-Nutzung, wie der zuständige Übertragungsnetzbetreiber TenneT gegenüber vorOrt.news bestätigt hat. Traubing: Grundstück für Mobilfunk gesucht

Neue Mobilfunkanlagen sind allerdings nach Angaben des Unternehmens nur noch unterhalb der unteren Traverse zugelassen sind und nicht - wie bei der Anlage nahe Oberbrunn - oben oder zwischen den Traversen. Eine Eignung für den Mobilfunk gilt aber generell nicht als ausgeschlossen. Das müsse der jeweilige Mobilfunk-Netzbetreiber entscheiden. Dann seien, weil der Bestandsschutz entfalle, auch neue statische Berechnungen und meist Verstärkungen erforderlich, so auch beim Fundament. Da dies in der Regel zu sehr hohe Kosten führe, komme e aktuell nur in wenigen Fällen zu neuen Mobilfunkanlagen auf Freileitungsmasten.

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Grundstück an der Monatsauser Straße: Tutzinger Grundsatzbeschluss verhindert Angebot

Als denkbarer Alternativstandort gilt auch ein der Gemeinde gehörendes Grundstück an der Monatshauser Straße, zwischen Monatshausen und der Ilkahöhe, aber etwas weiter von Monatshausen entfernt als der von Vodafone favorisierte Platz. Diesen Standort kann die Gemeinde jedoch derzeit noch nicht anbieten, sagte Bauamtsleiter Christian Wolfert im Bauausschuss.

Als Grund dafür nannte er einen im November 2020 im Gemeinderat gefassten Grundsatzbeschluss zum Mobilfunk, dem ein gemeinsamer Antrag von Grünen, Freien Wählern, ÖDP und SPD zugrunde lag. Nach diesem Beschluss, dem damals eine hitzige Diskussion vorausging, soll die Aufstellung von Sendeanlagen mit Frequenzen über 3,8 Gigahertz im gesamten Gemeindegebiet erst dann gemeindlich unterstützt werden, wenn „die Unbedenklichkeit für Mensch und Umwelt durch industrie- und regierungsunabhängige Wissenschaftler verlässlich nachgewiesen ist“.

Dieser Beschluss soll nun laut Wolfert demnächst geändert werden, weil er verhindere, dass die Gemeinde den betreffenden Alternativstandort anbieten kann. der Bauamtleiter bestätigte damit entsprechende Vorhaltungen, die Dr. Thomas von Mitschke-Collande (CSU) schon eine Woche zuvor im Gemeinderat anklingen ließ. Er kritisierte den Grundsatzbeschluss als „unsinnig, kurzsichtig, ideologisch und in dieser Form nicht realisierbar. Zudem sei er durch eine Zufallsmehrheit zustande geiommen. Das führte zu einem kurzen Schlagabtausch mi Bürgermeisterin Marlene Greinwald. Sie wies Mitschke-Collandes Bemerkung als „ideologisch, kontraproduktiv und unnötig“ zurück. Mitschke-Collande hielt ihr daraufhin vor, es sei nicht ihre Aufgabe, seine Meinung zu kritisieren.

Entscheidung des Landratsamts wird mit Spannung erwartet

In Sachen Mobilfunkplanung von Vodafone bei Monatshausen ist nun das Landratsamt am Zug. Nach der Ablehnung durch die Gemeinde und der deutlichen Kritik im Beschluss wird die Reaktion des Landratsamts mit Spannung erwartet: Wird Kreisbaumeister Dr. Christian Kühnel, der selbst offen auf unzureichende technische Kenntnisse seiner Behörde bei diesem Thema hingewiesen hat, bei seiner bisher vertretenen Haltung bleiben? Kühnel hatte bei einem Besuch des Gemeinderats angekündigt, dass sein Kreisbauamt den Vodafone-Antrag auch bei einer Ablehnung durch die Gemeinde Tutzing genehmigen werde. Der Vodafone-Konzern selbst hat eine „Standortverschiebung“ wegen eines bereits abgeschlossenen Vertrags für das vorgesehene Grundstück als nicht möglich bezeichnet.

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