Von vorOrt.news

Mehr als 3000 Stimmberechtigte ohne Stimme

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Auf dem Greinwaldhof wurde gemütlich gefeiert. Stehend Marlene Greinwald. © privat

Die erste Etappe der Bürgermeisterwahl ist überstanden. Dass es in knapp zwei Wochen eine zweite geben wird, hatten viele Tutzinger erwartet. In den Reaktionen auf das erste Wahlergebnis hört man jedoch auch Überraschungen heraus - so auch besonders über die niedrige Wahlbeteiligung. Zunächst einmal aber wurde gestern Abend gefeiert.

Marlene Greinwald von den Freien Wählern, die gestern mit 45,31 Prozent in Führung gegangen ist, hat Unterstützer und Freunde zu sich auf den Greinwaldhof eingeladen. In der Küche haben sie auf das gute Ergebnis angestoßen und auch die Strategie für die nächsten zwei Wochen besprochen. "Das ist super", sagte Marlene Greinwald gestern dazu, wie sie am Sonntag abgeschnitten hat: "Ich hoffe, dass ich nun Bürgermeisterin werde."

Florian Schotter von der CSU hat gleichzeitig im Café Höflinger bei Ümüt Erin mit zahlreichen Gästen gefeiert. Auch dort war recht gute Stimmung, und der leidenschaftliche Eishockey-Spieler Schotter sah es sportlich: "Das ist wie beim Eishockey - jetzt geht es in die Verlängerung, jetzt gibt es ein Penalty-Schießen." Schotter will sich nun vor allem auf Hausbesuche konzentrieren und versuchen, gerade auch Neubürger zu erreichen, die vielleicht der Wahl am Sonntag fern geblieben sind.

Für die Freien Wähler ist das Ergebnis ein ansehnlicher Erfolg. Bei der Kommunalwahl 2014 hatten sich die Freien Wähler den Sieg von Rudolf Krug ebenfalls anrechnen können. Krug war zwar von der ödp, aber sie hatten ihn unterstützt, ebenso wie damals übrigens auch die Grünen. Diesmal aber ist es eine Kandidatin der Freien Wähler selbst, die im ersten Durchgang mit Abstand ganz vorn gelandet ist.

JM plant nächste Woche eine Veranstaltung mit den beiden Kandidaten

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Zuversicht wurde bei der Feier der CSU am Sonntagabend demonstriert. Stehend Florian Schotter, links neben ihm seine Frau Sandra. © L.G.

Wieviel der Vorsprung von 391 Stimmen wert ist, muss sich nun bei der Stichwahl zeigen. Zunächst sieht das nach einem recht guten Polster aus. In den Gesprächen klang aber am Wahlabend schnell durch, dass es bei den Freien Wählern offenbar Hoffnungen auf ein noch besseres Ergebnis gleich auf Anhieb gegeben hatte. Ihr Gemeinderat Dr. Heinrich Reiter machte daraus kein Geheimnis. Er hatte sich gewünscht, dass Marlene Greinwald sofort und ohne Stichwahl zur Bürgermeisterin gewählt werden würde. Reiter wunderte sich ganz offen über Schotters Ergebnis, das ihn offenkundig überrascht hat. Er hätte damit gerechnet, sagte er, dass Schotter und Pfitzner mit ihren Ergebnissen enger beieinander liegen würden - also mehr Stimmen für Pfitzner und weniger für Schotter. Damit wäre der Abstand zwischen ihnen und Marlene Greinwald größer gewesen.

Eine Wahlveranstaltung ist unterdessen für die verbleibenden zwei Wochen schon in Vorbereitung: Der Freizeitclub JM will die zwei Kandidaten ins Kino "Kurtheater" einladen, und zwar voraussichtlich drei Tage vor der Stichwahl, am Donnerstag, dem 25. Januar. Die JM hatte schon eine der Podiumsdiskussionen organisiert, die bei den Besuchern gut angekommen war. Diesmal soll es aber nicht erneut eine solche Diskussion geben. Die divsersen Themen seien schon ausreichend besprochen worden, meinen alle Beteiligten. Offenbar will sich die JM etwas Besonderes ausdenken, was zum Kino passt.

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Fragen nach der Motivation der Nichtwähler

Über einen Aspekt wurde dabei viel gesprochen: die relativ niedrige Wahlbeteiligung am Sonntag, von der viele sichtlich überrascht waren. Nicht mal 58 Prozent der 7894 Stimmberechtigten haben sich an der Abstimmung beteiligt. Die CSU-Landtagsabgeordnete Dr. Ute Eiling-Hütig, die in ihrem Wohnort Feldafing auch Gemeinderätin ist, wirkte regelrecht entsetzt. Sie schien es überhaupt nicht fassen zu können, dass so viele Bürger nicht zur Wahl gegangen sind. Ob sie wirklich kein Interesse daran haben, wie es mit ihrer Gemeinde weiter geht?

Viele Überlegungen drehen sich nun um die Frage, ob und wie möglichst viele der Nichtwähler vom Sonntag dazu gebracht werden können, bei der Stichwahl doch mitzumachen. Schließlich geht es darum, dass der künftige Tutzinger Bürgermeister einen möglichst breiten Rückhalt in der Bevölkerung hat. Immerhin haben sich gestern mehr als 3000 Stimmberechtigte der Wahl enthalten. Dagegen stehen etwas mehr als 4500 Stimmen, die zusammen auf die drei Kandidaten verteilt worden sind.

Schwaches Ergebnis des grünen Kandidaten überrascht viele

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Sie hätten gern noch mehr Stimmen ausgezählt: Helfer am Abend in einem der Wahllokale © L.G.

Das ist schon recht bemerkenswert, wie vielen Bürgern die Tutzinger Lokalpolitik gleichgültig zu sein scheint. 3000 Stimmen - das sind 1000 mehr, als Marlene Greinwald erhalten hat. Auch wenn man nun die 3000 Nichtwähler mit der Differenz von knapp 400 Stimmen zwischen Greinwald und Schotter vergleicht, wird die Bedeutung schlagartig klar. Würde zum Beispiel bei der Stichwahl auch nur ein Drittel der bisherigen Nichtwähler zur Abstimmung gehen, dann würden 1000 weitere Stimmen vergeben. Nichtwähler, die nun doch an der Stichwahl teilnehmen, können wahlentscheidend sein. Die schwache Wahlbeteiligung am Sonntag hat auch den JM-Mitgliedern zu denken gegeben. Sie wollen deshalb mit ihrer Veranstaltung am 25. Januar besonders auch Neubürger und junge Tutzinger ansprechen.

Nicht mehr mit von der Partie ist im zweiten Durchgang der Dritte im Bunde, Bernd Pfitzner von den Grünen. Er hatte sich mit großem Engagement in diese Wahl begeben, viel Zeit und wohl auch einigen finanziellen Aufwand in diese Herausforderung gesteckt. Er war auch der einzige Kandidat, der immer wieder Beiträge auf vorOrt.news veröffentlicht hat. Aus seiner Enttäuschung macht er kein Geheimnis.

Nicht wenige in Tutzing hat das vergleichsweise schlechte Abschneiden des grünen Kandidaten - mit nicht mal der Hälfte von Schotters Stimmen - überrascht. Manche in Tutzing vertreten die Auffassung, die Gemeinde sei "noch nicht reif für einen grünen Bürgermeister". Ob es taktisch richtig war, diesmal gegen die Freien Wähler anzutreten, wird sich Pfitzner nun wohl selbst fragen. Bei der Kommunalwahl 2014 sind Freie Wähler und Grüne miteinander, nicht gegeneinander erfolgreich gewesen: Sie haben damals gemeinschaftlich dem ödp-Kandidaten Rudolf Krug zum Sieg verholfen.

Quelle Titelbild: L.G.
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