Von Lorenz Goslich

"Ich bin ein Kind Tutzings"

Gastronomie, Rettungsdienst, Polizei: Der berufliche Weg des neuen CSU-Bürgermeisterkandidaten Florian Schotter ist recht bemerkenswert.

Im Kegelraum des Gasthofs Tutzinger Hof gab sich Florian Schotter locker. „Ich bin nicht auf die Welt gekommen, um Bürgermeister zu werden“, sagte der 42-Jährige Polizeioberkommissar, der am Montag zum Bürgermeisterkandidaten der Tutzinger CSU gewählt worden ist, eher gelassen während seiner Vorstellung in der Aufstellungsversammlung. Jetzt aber sei er an einem Punkt, an dem er sagen könne: „Ich kann es mir leisten.“ Der Beamtenstatus ermögliche ihm dies ohne Risiko. „Wenn ich verliere, bin ich weiter ein glücklicher Polizist.“ Er könne die Sache „mit ganzer Kraft zu 100 Prozent angehen.“

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"Wenn ich verliere, bin ich weiter glücklicher Polizist": Florian Schotter © L.G.

Von Frau Fiedler bis zur bekannten Münchner Polizeiinspektion 11

Schotter bezeichnete sich als „ein Kind Tutzings“. Er erzählte, wie er von klein auf in etlichen Vereinen aktiv war, von den Altschützen bis zur Ski- und Fußballabteilung des TSV Tutzing. Sogar einen Surfkurs bei Klaus Greif im Nordbad erwähnt er. Seit über 20 Jahren ist er bei der Freiwilligen Feuerwehr - „mit nahezu 100 Prozent Anwesenheit in den ersten zehn, 15 Jahren“. Früh hat er auch beim Heimat- und Volkstrachtenverein Tutzinger Gilde angefangen, deren Vorstand er angehört. Nach berufsbedingter Unterbrechung ist er inzwischen bei der Feuerwehr wieder mehr aktiv: „Ich habe jetzt den Vorteil, dass ich tagsüber teils zu Hause bin.“ Denn zu solchen Zeiten mangelt es oft an Einsatzkräften.

Nach der Grundschule „bei Frau Fiedler“ und Gymnasium hat Schotter die Schule nach der elften Klasse verlassen: „Ich wollte Polizist werden.“ Wegen Kurzsichtigkeit hatte er aber keine Chance. Deshalb schwenkte er auf die Gastronomie um und erlernte im Feldafinger Hotel Kaiserin Elisabeth das Hotelfach. Dann ließ er den Zivildienst folgen - „nicht aus Gewissensgründen“, wie er betonte. Als Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr habe er oft vor allem bei Verkehrsunfällen bei den medizinischen Kenntnissen der Helfer Mängel erkannt. Seinen Zivildienst hat er deshalb beim Rettungsdienst absolviert. 16 Monate ist er im Rettungswagen gefahren. Dann ging’s zur Berufsoberschule (BOS) in München. Er holte das Fachabitur nach - wieder mit der Hoffnung, dass er es auf diesem Weg vielleicht doch zur Polizei schaffen könne: „Im gehobenen Dienst ist das mit der Brille nicht ganz so wichtig, dachte ich.“

Aber als er mit der BOS fertig war, wollte ihn die Polizei wieder nicht. Also absolvierte er eine weitere Ausbildung zum Rettungsassistenten. „Das ist auch ein Lehrberuf“, sagte er. Drei Jahre lang ist er in dieser Zeit hauptsächlich in Starnberg mit dem Rettungswagen gefahren - insgesamt also, samt Zivildienst, etwa fünf Jahre. Mittlerweile hatte er seine Augen aus sportlichen Gründen lasern lassen. Dann erzählte ihm jemand von einem Altbewerberprogramm bei der Polizei, mit dessen Hilfe noch bis zu 35-Jährige in den Polizeidienst einsteigen können. „Da habe ich mich beworben und wurde tatsächlich genommen“, erzählte er, fast noch immer ein wenig ungläubig. Mit 28 Jahren begann er seine Ausbildung zum Polizeivollzugsbeamten in Dachau. 2005 war er damit fertig.

Im selben Jahr kam er in die Polizeiinspektion 11 neben dem Hofbräuhaus, eine der bekanntesten Polizeiinspektionen in München, die es tagsüber mit allerlei kriminellem Gesindel zu tun hat und nachts mit dem feiernden Volk, das sich auch nicht immer im Griff hat: „Dort bin ich seit 2005 in unterschiedlichen Verwendungen.“ Für zwei Jahre wurde er zu einer Projektgruppe für die Einführung des Digitalfunks abgeordnet. In dieser Phase habe er viele „zum Teil hochpolitische“ Besprechungen zu führen gehabt, so mit Innenstaatssekretär Gerhard Eck.

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Er liebt Eishockey - ein Eisstadion in Tutzing will er aber nicht gleich bauen

Dann ging es weiter: Der Aufstieg in den gehobenen Dienst winkte. Mit 38 Jahren wurde er zum Studium an der Fachhochschule Fürstenfeldbruck geschickt. Die Studenten dort, erinnerte er sich, waren „zur Hälfte Abiturienten, zur Hälfte Altbewerber“. Als stellvertretender Dienstgruppenleiter ist Schotter heute nach eigener Einschätzung „ein bisschen Mädchen für alles“. Er hat 13 Mitarbeiter unter sich, die für die Abläufe in der Münchner Innenstadt zuständig sind.

Schotter ist verheiratet, „wenn auch noch nicht lang“. Seine Frau ist Rechtsanwältin. „Unser erstes Kind ist unterwegs“, berichtete er stolz. Und sie seien Hundebesitzer. Sie wohnen in Tutzing, in der Nähe des alten Friedhofs in der Graf-Vieregg-Straße.

Sehr wichtig ist Schotter der Sport. Ganz besonders gilt seine Leidenschaft dem Eishockey. „Aber keine Angst, dass ich in Tutzing gleich ein Eisstadion bauen will“, fügte er hinzu - wenn er das auch nicht schlecht fände, meinte er.

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Bei der Polizei gelernt: Reden vor vielen Menschen macht Schotter nichts aus © L.G.

Hauptstraße: "Nicht sämtliche Parkplätze auflösen"

Angela Roth fragte nach den Beweggründen für die Kandidatur: „Sie haben doch einen reizvollen Beruf.“ Er habe auch als Polizist immer neue Herausforderungen gesucht, erwiderte Schotter. Stillstand sei das Schlimmste. Allerdings erwähnte er auch, dass es keinen Lehrberuf und kein Studium gebe, um Bürgermeister zu werden. Die Frage, was ihn für so eine Aufgabe qualifiziert, stellte er gleich selbst. „Im Studium ist viel Personalführung mit drin und Personalverantwortung“, sagte er. Im Polizeiberuf gebe es viele Elemente, die in so einer Position gebraucht würden, von der Verwaltung über das Besprechungsmanagement bis zum Reden vor einer größeren Zahl von Menschen.

Der frühere CSU-Gemeinderat Peter Lanio erkundigte sich nach den Vorstellungen zum Erhalt des Gewerbes in Tutzing. Das sei ein wesentlicher Punkt, denn Fremdenverkehr gebe es in Tutzing so gut wie nicht mehr. Das Gewerbe sei damit die tragende Säule für Arbeitsplätze und Steuern. „Reden bringt die Leut’ z’samm’“, sagte Schotter dazu. Einige Gewerbetreibende seien schon auf ihn zugekommen. „Da könnte Tutzing viel mehr tun“, sagte er: „Die Gewerbetreibenden fühlen sich nicht mitgenommen.“ Er selbst sei ein kommunikativer Mensch. Gewiss könne man es nicht jedem recht machen. Aber eine Einbindung des Gewerbes sei wichtig.

Konkret zur bevorstehenden Sanierung der Tutzinger Hauptstraße warnte Schotter davor, „sämtliche Parkplätze aufzulösen“. Er kenne diese Vorgehensweise aus anderen Orten, denn die Polizei werde bei solchen Plänen eingebunden. „Da geht der Dorfkern kaputt“, sagte er. Der Einzelhandel im Ort sei wichtig. Eine Bäckerei beispielsweise lebe davon, dass die Leute morgens schnell mal anhalten und sich ihre Semmeln kaufen könnten - „zumeist vorschriftsmäßig“, fügte er schmunzelnd hinzu. Vom Gedanken an eine Fußgängerzone in Tutzing, sagte Schotter, müsse man sich befreien.

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Hatten alle möglichen Fragen: CSU-Mitglieder und Gäste © L.G.

Etliche Fragen - nur zum Teil beantwortet: Investoren, Turnhalle, Hotel, Rathaus

Recht deutlich äußerte sich Schotter dann noch zur Attraktivität Tutzings als Wirtschaftsstandort. Er zitierte einen Bekannten, der in Tutzing wohne und zu einer Investorengruppe gehöre, mit den Worten: „Wenn Investoren Tutzing hören, stellt es denen die Zehennägel auf.“ Es sei wichtig, Investoren nach Tutzing zu holen, „die hier ihr Geld lassen“, damit die Gemeinde auch über ihre Pflichtaufgaben hinaus etwas für die Bürger und die Vereine tun könne.

Nikolaus von Mitschke-Collande fragte, wie es mit dem Hotel in Tutzing weitergehen werde. Altbürgermeister Peter Lederer als Wahlleiter bat ihn „als Betroffener und Leidtragender dieser Auseinandersertzung über Jahre“, diese Frage wieder zurückzunehmen.

Erich Hupfauf fragte nach Lehren aus dem Bau der Dreifachturnhalle, bei der „eine Firma aus dem Osten“ einheimischen Betrieben vorgezogen worden sei: Die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB) habe niemand gekannt, sonst hätte klar sein müssen, dass die betreffende Firma bei so einem langen Anfahrtweg nicht der geforderte günstigste Anbieter sein könne. Auch dieses Thema wurde nicht weiter vertieft.

Rolf Wünsch schließlich erkundigte sich, wie der künftige Bürgermeister „die Verwaltung auf Vordermann bringen“ wolle: „Die Verwaltung im Rathaus funktioniert nicht, der Bauhof funktioniert nicht.“ Es dauere oft Monate, bis Arbeiten ausgeführt würden, bis die Gemeindemitarbeiter zum Beispiel, wenn ein Weg schlecht sei, dort hinführen und es in Ordnung brächten. Lederer bat Wünsch, auch diese Frage zurückzunehmen: Die Kandidaten würden nur sagen, dass sie natürlich vorhätten, die Verwaltung auf Vordermann zu bringen.

Quelle Titelbild: L.G.
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Über den Autor
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Lorenz Goslich

Wirtschafts- und Lokaljournalist, Diplom-Kaufmann, Dr. oec. publ. Schreibt für diverse Medien und liebt seinen Heimatort Tutzing.

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