Kino
18.5.2025
Von Gerald A. Herrmann

Erfolgreicher Start der Dokumentarfilmreihe "Bauern, Brot und Zukunft“

Gespräch mit Tutzinger Biobetrieben zeigt das Engagement und Handeln vor Ort

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Zum Auftakt am Sonntag, dem 4. Mai, wurde der Dokumentarfilm “Aus Liebe zum Überleben” von Bertram Verhaag gezeigt. Das nachfolgende Gespräch mit Tutzinger Biobetrieben zeigte das Engagement und Handeln vor Ort.

Der Film „Aus Liebe zum Überleben“ zeigt in berührenden Bildern Bauern, die ihren Böden mit Ehrfurcht begegnen, ihn als Basis des Überlebens der gesamten Menschheit begreifen, die Tieren mit Respekt begegnen und sie als ihre Mitgeschöpfe achten. Er zeigt uns, wie die Landwirtschaft der Zukunft als Bewahrerin des Bodens, des Wassers, der Luft, des Klimas und vor allem der gesunden Nahrung auszusehen hat. Beispielhaft werden acht Bauernfamilien gezeigt, die irgendwann Schluss gemacht haben mit dem erbarmungslosen Hamsterrad aus künstlichem Dünger, Pestiziden und industrieller Tiernahrung. Mit Mut und urbäuerlichem Eigensinn haben sie ihre Betriebe auf ökologische Landwirtschaft umgestellt und sind nun auf ihren Berufsstand wieder stolz. Man hört sie von ihrer Liebe zu den Tieren, der Natur und der Freude für ihren Beruf sprechen. Aber auch die behutsame ökologische Lebensmittelverarbeitung zu Käse, Bier sowie Fleisch- und Wurstprodukten aus den auf den Betrieben erzeugten Pflanzen und Tieren wird im Film mit Zuneigung gezeigt, auch dort, wo es um die Schlachtung geht. Martha und Michael Krieger vom Riedenburger Brauhaus lachten: „Was wir getan haben, war ein gewisser Grad zwischen Dummheit und Mut.“ Und so ist es bei allen gewesen, am Ende aber doch erfolgreich!

Im Anschluss an den Film lud der Organisator der Dokumentarfilmreihe, der Ökoexperte Gerald A. Herrmann von Organic Services aus Tutzing, zu einer Gesprächsrunde mit den Tutzinger Biobetrieben aus Land- und Lebensmittelwirtschaft zur Diskussion über die Zukunft des Lebens, Essens und Wirtschaftens ein: Im Mittelpunkt standen dabei Marlene Greinwald vom Biolandbetrieb Greinwaldhof, Uli Pötzl vom Biomarkt Tutzing und Familie Pulfer vom Naturlandhof.

Marlene Greinwald, Altbürgermeisterin von Tutzing, erzählte sehr persönlich von ihrer frühen Überzeugung für „Bio“, von ihren Bio-Ausbildungsbetrieben in Nordrhein-Westfalen (ihr Onkel Siegfried Kuhlendahl war einer der Gründer des Anbauverbands Bioland), Schleswig-Holstein und Bayern – dem Biobetrieb Gut Dietlhofen, der heute zur Peter Maffay Stiftung gehört. In Weilheim machte sie den Abschluss als staatlich geprüfte Wirtschafterin für Landbau. Nachdem sie ihren Mann Martin aus einer alteingesessenen Tutzinger Fischerfamilie kennengelernt hatte, stellten sie 1986 den Greinwaldhof auf Bio um. Genau zu der Zeit, als nach dem Reaktorunglück in Tschernobyl Äcker, Wiesen und Weiden, aber auch die Fische verstrahlt wurden. Es war sehr emotional als Marlene Greinwald sagte: „Dies hat den kleinen Milchviehbetrieb wirtschaftlich fast die Existenz gekostet“. Nachdem es in der Milchwirtschaft für sie keine Zukunft gab, wurde auf Pferdhaltung und therapeutisches Reiten umgestellt, heute in Zusammenarbeit mit der Tabaluga Kinderstiftung.

Uli Pötzl, Gründer des Biomarktes in Tutzing, blickt auf 40 Jahre Erfahrung im Bio-Fachhandel zurück. Er begann das Geschäft gemeinsam mit seiner Frau Brigitte auf Wochenmärkten, z.B. in Gräfelfing. „Mit dem von meinem Vater geliehenen Auto bin ich rumgefahren, um Bioprodukte von den wenigen Höfen zu holen.", erzählte er: "Dann starteten wir mit Müsli von Rapunzel, von Joseph Wilhelm mit einer Schaufel in der Badewanne gemischt.“ 1984 eröffneten sie in Feldafing den Bioladen "Fliegenpilz" - der Name war angelehnt an die Anti-Atomkraft-Bewegung. Uli Pötzl ist überzeugt von Bio-Produkten, bei denen der Erzeuger einen angemessenen Preis für seine Arbeit erhält und fairer Handel die Produkte zum Verbraucher bringt. Er betont die Notwendigkeit, dass die Landwirtschaft auf Dauer biologisch arbeiten und produzieren muss, dies umso mehr, als Klimawandel und Artensterben unsere Lebensgrundlagen gefährden. Uli Pötzl wies aber auch auf die Herausforderungen aus dem Strukturwandel im Lebensmittelhandel hin, der auch die kleinen Bioläden zunehmend aus dem Markt drängt. Es bleibt also spannend, ob die klassischen Bioläden neben dem konventionellen Lebensmittelhandel und den Bio-Discountern ihren Platz im Ortsbild behaupten können.

Familie Pulfer bewirtschaftet einen Naturlandhof in Tutzing. Pulfers übernahmen den Hof 2001 und stellten ihn auf biologische Bewirtschaftung um. Sie erklärten die Motivation dafür: „Wir wollten unsere Familie gesund ernähren und so lag es nahe, den Hof biologisch zu bewirtschaften.". Auf Nachfrage betonten sie: „Wir haben auch aus wirtschaftlichen Gründen umgestellt, denn als kleiner Milchviehbetrieb brauchen wir einen höheren Milchpreis, den wir bekommen, seit wir 2009 Lieferant für die Andechser Molkerei Scheitz geworden sind“. Pulfers lobten das faire, verlässliche und langfristig orientierte Verhältnis zum beiderseitigen Nutzen, für sie und für die Andechser Molkerei. „Es gibt eine steigende Nachfrage nach Biomilch, die oft nicht befriedigt werden kann – dies stabilisiert den Milchpreis“ erläuterten sie. Familie Pulfer verzichtet aus Überzeugung auf das Enthornen ihrer Kühe – ebenso wie die Milchviehbetriebe, die vorher im Dokumentarfilm gezeigt wurden.

Mehr als 60 Besucher kamen zur Matinee und blieben für die Gesprächsrunde. Manche und mancher hatte Tränen in den Augen, so berührt waren sie von den persönlichen Geschichten und Überzeugungen der im Film gezeigten Betriebe. Lucie Vorlickova, Vorständin vom Kulturtheater Tutzing, war ebenfalls zufrieden und nicht nur mit dem Besuch: „Es war unsere erste Matinee. Unsere Vize-Vorständin Frau Schubert und ich kamen zu demselben Ergebnis: Sonntagvormittag ist eine ideale Zeit für solche Veranstaltungen. Nochmals: Gratulation!“

Nächster Termin „Der Bauer und sein Prinz“, Dokumentarfilm von Bertram Verhaag am Samstag, dem 31. Mai 2025, diesmal um 17.30 Uhr im Kulturtheater Tutzing mit anschließender Gesprächsrunde mit Andrea Klepsch und Prof. Dr. Franz-Theo Gottwald aus Berg (mehr zu Beiden in der Vorankündigung des Kulturtheaters).

Der Film zeigt einen Prinzen, der die Vision hat, die Welt ökologisch zu ernähren und die geschundene Natur zu heilen. Dieses Ziel verfolgt er mit seinem charismatischen Farmmanager David Wilson. Bertram Verhaag beobachtete die beiden Visionäre mehr als fünf Jahre durch alle Jahreszeiten hindurch. Der heutige König Charles III. erscheint in einem gänzlich ungewohnten Licht, das den Zuschauer zwingt, viele Vorurteile gegenüber ihm und der ökologischen Landwirtschaft über Bord zu werfen.

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