Die neuen Entwicklungen bei den Bemühungen um ein Bürgerkino in Tutzing haben viel Aufmerksamkeit erregt und auch für etliche Kommentare auf vorOrt.news gesorgt. Arbeiten im Tutzinger Kino gestoppt Wegen „offener Anforderungen seitens des Landratsamts“ bei der Erfüllung der Barrierefreiheit hat der Verein Kulturtheater Tutzing e.V. am Wochenende überraschend die Einstellung der Arbeiten angekündigt und auch den eigentlich für den 30. August vorgesehenen Geldeinzug von den Bankkonten der Mitglieder nicht vorgenommen.
Wir haben das Landratsamt Starnberg um eine Stellungnahme gebeten, die wir heute erhalten haben und unten auf dieser Seite im Wortlaut veröffentlichen. Das Landratsamt signalisiert dort Lösungsbereitschaft: Das Ziel der Barrierefreiheit müsse einer baurechtlichen Genehmigung des Bürgerkinos nicht entgegenstehen.
Auch wenn es nicht geschafft werde, das Kino vollkommen barrierefrei nach den technischen Baubestimmungen der DIN zu ertüchtigen, werde die Ertüchtigung soweit wie möglich im zumutbaren Rahmen erfolgen können, erklärt die Kreisbehörde. Kultureinrichtungen - darunter Kinos - müssten nach der Bayerischen Bauordnung in den dem allgemeinen Besucher- und Benutzerverkehr dienenden Teilen barrierefrei sein. Ausnahmen seien jedoch möglich, soweit die gesetzlichen Anforderungen "nur mit einem unverhältnismäßigen Aufwand erfüllt werden" könnten.
Gemeinsam mit dem Bauherrn und dem Architekten will die Kreisbehörde nach Lösungsmöglichkeiten suchen. Ein Abstimmungsgespräch in Tutzing soll nach ihren Angaben noch vor dem 13. September stattfinden.
Stellungnahme des Landratsamts Starnberg im Wortlaut
"Der Bauantrag für das geplante Tutzinger Bürgerkino ist erst am 1. August 2024 im Kreisbauamt eingegangen und wird hier durchaus mit hoher Priorität bearbeitet, zumal wir wissen, wie sehr den Tutzinger Bürgerinnen und Bürgern das Projekt am Herzen liegt. Leider ist aber auch Ferienzeit und nicht immer sind alle maßgeblichen Leute erreichbar.
Nach der Bayerischen Bauordnung (Art. 48 BayBO) müssen Kultureinrichtungen, darunter Kinos, in den dem allgemeinen Besucher- und Benutzerverkehr dienenden Teilen barrierefrei sein. Hierzu zählen auch barrierefreie Besuchertoiletten in erforderlicher Anzahl. Eine Barrierefreiheit ist ausnahmsweise nicht erforderlich, soweit deren Anforderungen nur mit einem unverhältnismäßigen Aufwand erfüllt werden können. Es obliegt im Genehmigungsverfahren grundsätzlich dem Bauherrn bzw. dessen Planer, entweder die baulichen Anforderungen der Barrierefreiheit zu erfüllen oder der Genehmigungsbehörde einen unverhältnismäßigen Aufwand darzulegen, der ihn von den Anforderungen der Barrierefreiheit befreien würde.
Derzeit versucht unser Kreisbauamt mit dem Bauherrn und dem Architekten abzuklären, welche verhältnismäßigen Möglichkeiten es gibt, um auch Menschen mit Einschränkungen beim Besuch des Bürgerkinos nicht außen vor zu lassen. Dazu müssen Fachgespräche geführt werden, d. h. es muss ein Gespräch mit dem Architekten stattfinden, um bauliche Möglichkeiten zur Gewährleistung der Barrierefreiheit und deren Aufwand eingehend zu erörtern. Unter anderem, da sich der Architekt des Bauherren unseres Wissens im Urlaub befand bzw. befindet, konnte ein Abstimmungsgespräch bislang nicht stattfinden. Ein gemeinsamer Termin soll noch vor dem 13.09.2024 stattfinden.
Der fachliche Austausch ist hier wirklich sehr wichtig, zumal gemeinsam nach möglichen und machbaren Lösungen gesucht werden soll. Auch wenn es nicht geschafft wird, das Kino vollkommen barrierefrei nach den technischen Baubestimmungen der DIN zu ertüchtigen, kann die Ertüchtigung soweit als möglich im zumutbaren Rahmen erfolgen. Im fachlichen Austausch ergeben sich evtl. zumutbare Möglichkeiten wie z. B. das Versetzen einer Toilettenwand. Sollte sich im fachlichen Austausch ergeben, dass keine verhältnismäßigen baulichen Maßnahmen möglich sind, die Barrierefreiheit zu gewährleisten, wird das Ziel der Barrierefreiheit einer baurechtlichen Genehmigung des Bürgerkinos auch nicht entgegenstehen.
Sie haben nach der generellen Haltung des Landratsamts zu solchen Projekten mit stark ehrenamtlicher Prägung gefragt.
Wie so oft im Leben, treffen hier zwei sehr wichtige Aspekte zusammen. Ohne ehrenamtliches Engagement würden viele Bereiche des Lebens nicht funktionieren. Wir sind froh und dankbar für jedes ehrenamtliche Engagement. Inklusion, die gleichberechtigte Teilnahme aller Menschen am Leben, ist ein genauso wichtiges Thema. Der Landesgesetzgeber hat daher etwa im Bereich des Bauordnungsrechts die Pflicht zur grundsätzlichen Barrierefreiheit öffentlich zugänglicher Einrichtungen festgeschrieben. Die Bauaufsichtsbehörde ist gesetzlich verpflichtet, in diesem Rahmen die zumutbaren Möglichkeiten gemeinsam ausloten."
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Comments
Dass man sich jetzt bei den Baubehörden daran hält, ist im Rechtsstaat eine Tugend!
Aber im Gegensatz zu manch empörten und vorwurfsvollen Kommentaren zum vorausgegangenen Artikel, sitzen im LRA ganz normale Menschen wie Du & ich, deren böses Vergnügen es keinesfalls ist, Bürger zu gängeln und ehrenamtliches Engagement für das Tutzinger Kino zu sabotieren. Im Gegenteil!
Obige Stellungnahme aus dem LRA zeigt, dass man sehr wohl bereit ist, an einer besseren Lösung im Rahmen des Möglichen mitzuwirken.
Wir Tutzinger Bürger/innen freuen uns auf unser Kino!!!
Als Vorsitzende des Vereins "Freunde von Bouc Bel Air e.V.", der die Städtepartnerschaft Feldafing - Bouc Bel Air unterstützt, bin ich sehr an einer pragmatischen Lösung dieses Problems interessiert, da eine Zusammenarbeit im Hinblick auf frz. Filme geplant ist.
Das Kino Tutzing als Kulturtheater für die ganze Region ist notwendig und muss erhalten bleiben.
Ich denke die Verantwortlichen im Landratsamt und der Bürgermeister Ludwig Horn werden alles versuchen dieses Problem schnellstmöglich zu lösen.
Danke an alle Verantwortlichen, damit das ehrenamtliche Engagement der Leute nicht beschädigt wird.