Von vorOrt.news

"So gehen alle Geschäfte kaputt"

Viel Unverständnis in der Tutzinger Geschäftswelt über Aufforderung des Staatlichen Bauamts

Autofahrer, die nicht direkt nach Tutzing, sondern nur durch diesen Ort durchfahren wollen, sollen Tutzing "weiträumig" umfahren. Dazu fordert sie das Staatliche Bauamt Weilheim auf. Bauamt: „Tutzing weiträumig umfahren“ Wir haben einige Geschäftsleute im Tutzinger Ortszentrum gefragt, was sie davon halten.

"Den Tutzinger Gewerbetreibenden entsteht erheblicher Schaden"

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Buchhandlung Held
Martin Held, Inhaber

"Mein Eindruck ist, dass dem Staatlichen Bauamt der Einzelhandel egal ist. Die Baustelle muss 'durchgezogen' werden. Seit sechs Jahren werden wir Einzelhändler – und nicht nur wir – durch Bauarbeiten in Tutzing geplagt. Vor allem unsere Kunden aus den Nachbargemeinden werden und wurden durch die irreführenden Beschilderungen vertrieben, mit Erfolg. Wir hatten und haben durch die Straßensanierung in den letzten Jahren erhebliche Umsatzeinbußen und rückläufige Kundenfrequenz. Dem Bauamt ist nicht bewusst, dass durch die Baumaßnahmen den Tutzinger Gewerbetreibenden erheblicher Schaden entsteht bzw. sie machen sich darüber keinerlei Gedanken. Kunden aus Traubing, Feldafing, Pöcking, Starnberg, Bernried, Seeshaupt haben sich wahrscheinlich umorientiert zu Geschäften außerhalb von Tutzing, z.B. nach Starnberg oder Weilheim und ob und wann wir sie wieder zurückgewinnen können, ist eine große Frage. Wenn die Hauptstraße endlich fertig sein wird, dann sollen zusätzlich noch Parkgebühren eingeführt werden. Das Argument, dass Dauerparker durch diese Maßnahme vertrieben werden sollen, ist nicht nachvollziehbar. Es hat früher mit Parkscheiben gut funktioniert – und dauergeparkt wird trotz Parkgebühren genauso wie mit Parkscheiben. Parkscheiben sind weiterhin eine gute Lösung."

"Die Leute, die durch Tutzing durchfahren, sind total wichtig für die Geschäfte"

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Intersport Thallmair
Thomas Thallmair, Inhaber

"Ich bin mittlerweile sprachlos über die Art und Weise, wie die mit uns umgehen. Die Leute, die durch Tutzing durchfahren, sind total wichtig für die Geschäfte. Viele halten an, um etwas einzukaufen, wenn sie zum Beispiel ein Sportgeschäft, eine Apotheke oder einen Buchladen sehen. Statt die Leute aufzufordern, Tutzing zu meiden, hätte ich mir etwas mehr Fingerspitzengefühl und etwas Animation vom Staatlichen Bauamt gewünscht - zum Beispiel mit Hinweisen, dass man in Tutzing trotz der Bauarbeiten einkaufen kann und mit der Bitte, das örtliche Gewerbe zu unterstützen. Viele Leute aus Nachbargemeinden wie Pöcking oder Feldafing meiden Tutzing inzwischen und kaufen woanders ein, weil es so ein Chaos ist. Aber wir sind auf jeden Umsatz angewiesen, selbst wenn es 'nur' kleinere Dinge sind wie etwa Tischtennisbälle. Aber dass wir nun im sechsten Jahr mit all den Problemen leben müssen, das alles interessiert das Bauamt nicht. Die wollen für die Arbeiten einfach den geringsten Widerstand, es soll 'schnell' gehen. Da wären wir ja dafür, das würden wir unterstützen. Aber es geht ja nicht schnell. Sechs Jahre – das ist doch nicht schnell. Da schütteln alle den Kopf, wenn man ihnen das erzählt. Wie kann so etwas sechs Jahre dauern auf Kosten des Ortes und der Menschen? Auf den Handel wird gar nicht mehr geachtet. Hauptsache, die Straße wird fertig. Das ist nicht in Ordnung. Jetzt ist auch noch ein komplettes Haltverbot angeordnet worden. Aber dort stellen die Nachbarn von ihrer Baustelle einfach ihren Betonmischer hin. Nun stehen Baufahrzeuge dort, wo eigentlich unsere Kunden parken sollten. Aber jetzt ist es eh schon wurscht. Diese sechs Wochen werden wir auch noch überstehen. Wir müssen ja mit unserer Energie haushalten."

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"Da würden wir uns schon etwas mehr Verständnis für uns Geschäftsleute wünschen"

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Eisdiele Corallo
Raffaele Panciera, Inhaber

"Der Durchgangsverkehr ist für uns wichtig. Viele, die durch Tutzing durch fahren, halten an, wenn sie unsere Eisdiele sehen. Wenn sie nicht durch Tutzing fahren, fehlt uns der Umsatz – und wie! Wir haben uns in all den Jahren, in denen die Straßenarbeiten gelaufen sind, durchgekämpft. Mal war die Straße offen, mal war sie nicht offen. In all diesen Jahren sind die für den Straßenbau Verantwortlichen nie auf die Geschäftswelt zugegangen. Wir haben es trotzdem geschafft. Jetzt war ein bisschen Ruhe – und dann kommt so etwas! Da würden wir uns schon etwas mehr Verständnis für uns Geschäftsleute wünschen."

"Warum wollen die das? Damit kein Mensch mehr nach Tutzing kommt? Das ist dumm."

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Vietnamesischen Restaurants Ipho
Chang, Geschäftsftührer

"Um Tutzing herum fahren? Warum wollen die das? Damit kein Mensch mehr nach Tutzing kommt? Das ist dumm. Mit solchen Aufforderungen gehen alle Geschäfte kaputt. Unterstützt Tutzing, müssten sie die Leute auffordern. Zurzeit sind weniger Tutzinger da, wahrscheinlich sind viele in Urlaub. Wenn die vom Bauamt die Leute auffordern, nicht nach Tutzing zu fahren, müssten sie die Geschäftsleute entschädigen. Generell muss man aber auch sagen, dass zurzeit trotz der Sperrung alles gut organisiert ist. Die Baufirma ist super, das sind Profis - ganz anders als die Firma, die es vorher gemacht hat. Man muss halt geduldig sein. Gottseidank haben wir treue Stammgäste. "

"Es wirkt sich aus, wenn weniger Leute durch Tutzing durch fahren"

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Parfümerie Wiedemann
Raffaela Sterk, Mitarbeiterin

"Es wirkt sich aus, wenn weniger Leute durch Tutzing durch fahren. Wir merken, dass es weniger ist. Wir haben das Glück, dass wir eine Filiale in einem größeren Unternehmen sind. Da werden wir von den anderen Filialen aufgefangen. Aber für die kleineren Geschäfte und Boutiquen ist das schwierig."

"Dann bleibt das Geld woanders"

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Tutti frutti
Katharina Günther, Inhaberin

"Wir merken, dass weniger Leute da sind. Viele Tutzinger sind zurzeit in Urlaub. Wenn jetzt auch noch die anderen wegbleiben, wird es immer weniger. Dann bleibt das Geld woanders. Generell ist es schon gut, dass die Straße saniert wird. Aber das dauert ewig! Wir haben schon Umsatzverluste. Aber wir müssen doch auch überleben!"

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Das Tutzinger Ortszentrum mit seinen Geschäften ist gut erreichbar. Aber das gefällt den Straßenbauern offenkundig nicht. © L.G.
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Kommentare

Würde ein verkaufsoffener Sonntag helfen? Oder ein langer Samstag bis zum Beispiel 22 Uhr? Obwohl das wahrscheinlich eher was für den Sommer ist. Und natürlich muss man auch das Personal dafür aufbringen. Aber gibt es irgendwas was helfen könnte? Außer der Fertigstellung natürlich.
So ist es Herr Mieth - und bei so wenig Parkplätzen - wird sich das Einkaufsverhalten - wohl nicht groß ändern - außer ich gehe spazieren oder dort zum Essen und evtl. noch schnell etwas kleines mitnehmen in einem der Geschäfte…
Natürlich verstehe ich die Geschäftsleute, aber die Umsätze laufen nur, wenn das enorme Bau-und Verkehrschaos, so, wie z.B. gestern erlebt, wieder in den Normalbetrieb mit Parkmöglichkeiten wechselt.

Aus einer verkehrsbedingt gebildeten Blechkolonne aussteigend kann kein Kunde in Ruhe shoppen gehen.

Ich musste mich z.B. gestern an der Eisdiele an den besetzten Tischen ganz knapp und cm-genau vorbei in die Kolonne einschieben; in Nervenbelastung, dass nicht LKW's und Busse aus der Gegenrichtung mir den Kofferraum touchieren und/oder mich in die Tische verfrachten. Es folgten filmreif noch zwei unterschiedlich leuchtende Ampelanlagen (rot und grün im 5-m Abstand) kurz vor der KMS-Filiale und dann die sonst eher in Himalaja-Anrainerstaaten leider übliche "Holper-/Steinschlagstrecke", hier von und nach Edeka.
Nichts gegen interessante ferne Reisrouten in zweckdienlichen Reisemobilen, aber hier und so .... ? Jahrelang? Immer noch weiter so? Schaffen wir es irgendwann?

Also.... großes Verständnis für die Geschäftsleute! Ein Wunder, dass es nach den letzten Jahren (Pandemie und Straßenbau) überhaupt noch einige Geschäfte gibt.
(Bearbeitet)
Sorgen, die man komplett nachvollziehen kann.
Hoffentlich geht wenigstens das Experiment mit den reduzierten und inzwischen bewirtschafteten Parkplätzen auf Dauer gut.