Gemeinde
29.11.2025
Von Lucie Vorlíčková

Gute Leute muss man eben im Kino haben

Schauspieler Jürgen Prochnow wird Ehrenmitglied im Kulturtheater Tutzing

In einem Kino ist es selten so still wie auf dem Meeresgrund. Aber als Jürgen Prochnow im Tutzinger Kulturtheater von den Dreharbeiten für „Das Boot“ erzählte, hätte man dort auch einzelne Wassertropfen fallen hören können wie in einer Szene des Films. Was der Weltstar über die Entstehung des Filmklassikers von Wolfgang Petersen berichtete, war freilich auch so spannend wie der dreieinhalbstündige „Director’s Cut“, der im Anschluss an das Gespräch mit Friedemann Beyer im Tutzinger Kino lief.

Der renommierte Filmhistoriker und Publizist Friedemann Beyer aus Berlin präsentierte an diesem Abend die zehnten "Tutzinger Filmerkundungen". Die eigene inzwischen auch überregional viel beachtete Filmreihe, die er dem gemeinnützigen Kulturtheater Tutzing widmet . Für dieses kleine Jubiläum entschied er sich für Wolfgang Petersens Meisterwerk der Filmgeschichte.

Viele der Zuschauer dürften den vor 45 Jahren gedrehten Film zwar schon so oft gesehen haben, dass sie die inzwischen legendären Dialoge ("Gute Leute muss man eben haben, gute Leute") mitsprechen könnten. Aber wer wusste schon, dass Prochnow, der mit der Rolle des U-Boot-Kommandanten zum international gefeierten Filmstar wurde, den „Alten“ beinahe nicht hätte spielen können, weil Geldgeber des Films meinten, dass er dafür nicht passe?

Regisseur Petersen aber hielt an Prochnow fest wie auch an den vielen bis dahin nicht bekannten jungen Schauspielern, für deren Karrieren „Das Boot“ ebenfalls zum Glücksfall wurde. Zur Mannschaft, die der Welt etwas zeigte, was sie noch nie gesehen hatte, gehörten unter anderen Uwe Ochsenknecht, Heinz Hoenig und Martin Semmelrogge . Zu Herbert Grönemeyer hat Prochnow, der mit seiner Frau Verena Wengler-Prochnow nach Tutzing gekommen war, immer noch Kontakt.

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Prochnow beantwortete die hervorragend vorbereiteten Fragen Beyers sehr offen. Er erzählte mit der wohlbekannten Stimme des "Kaleun“, wie fordernd die Aufnahmen in der Enge der detailgetreu nachgebauten Stahlrohre in den Bavaria Studios in München gewesen seien, körperlich wie emotional. Um die heftigen Bewegungen des Boots im Sturm darstellen zu können, sei die Röhre auf eine große Wippe montiert worden. Einmal habe der ganze Film auch auf der Kippe gestanden - als ein großer Nachbau des Bootes nach einem Sturm vor der französischen Atlantikküste gesunken sei.

Als der dann doch noch fertiggestellte Film 1981 in die deutschen Kinos kam, wurde er, was man sich heute kaum noch vorstellen kann, von vielen deutschen Kritikern verrissen. Nicht aus künstlerischen Gründen, sondern weil er nicht den damals noch gängigen Vorstellungen von einem - noch dazu von Deutschen gedrehten - Antikriegsfilm entsprach. In den Ländern, die im Zweiten Weltkrieg Deutschlands Kriegsgegner gewesen waren, so berichtete es Prochnow an diesem Abend auch aus eigener Erfahrung, ist der Film aber schnell zu einem Riesenerfolg geworden, wie dann auch in Deutschland selbst. Er zeigt in einem bis dahin noch nicht dagewesenen und immer noch ergreifenden Realismus, dass der U-Boot-Krieg auch ein Horror für die Männer in den U-Booten war. Auch die Zuschauer im bis auf den letzten Platz besetzten Tutzinger Kino standen im Bann dieses Meisterwerks der Filmgeschichte.

Am Ende der dreieinhalbstündigen Fassung, mit der dann auch der Autor des gleichnamigen Romans, Lothar-Günther Buchheim, einverstanden war, stirbt der „Alte“ beim Bombenangriff auf das Boot. Prochnow aber drehte noch viele Filme, ging nach Amerika und kam wieder zurück nach Deutschland, nun auf Einladung von Lucie Vorlíčková auch nach Tutzing. Sie moderierte unterhaltsam durch den Abend, so dass gar ein Hauch Oscar Night in der Luft lag. Zum Dank ernannte sie schließlich im Namen des Vorstands Jürgen Prochnow für sein ehrenamtliches Engagement für den Verein zum Ehrenmitglied. Der Weltstar ist nahbar geblieben, beantwortete viele Fragen aus dem Publikum, schrieb Autogramme und lächelte in Selfies. Mit herzlichem Applaus verabschiedete das sichtlich bewegte Publikum die Schauspielerlegende.

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Das Kulturtheater Tutzing dankt Jürgen Prochnow und Friedemann Beyer für dieses unvergessliche Erlebnis. Allen Lesern, die nicht dabei sein konnten, wünscht das Kulturtheater Tutzing viel Vergnügen bei der Nachlese mit der Bildstrecke.

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Schon bei Eintritt ins Kinofoyer erfüllt Jürgen Prochnow freundlich die ersten Autogrammwünsche. Dieser Ausgabe von "Das Boot" konnte der stolze Besitzer neben die Unterschrift des Buchautors Lothar-Günther Buchheim nun auch die des Hauptdarstellers aus Wolfgang Petersens Meisterwerk hinzufügen.
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Der schließlich bis auf den allerletzten Platz besetzte Kinosaal füllt sich. Jürgen Prochnow und Verena Wengler-Prochnow nutzen die Zeit für ein Gespräch mit einem Kinogast.
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Lucie Vorlíčková stimmt ihr "Regiebuch" für den Abend mit Jürgen Prochnow ab. Sie hat sich für den Abend spontan eine Überraschung auch für das Publikum ausgedacht.
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Der Weltstar unterhält in der offenen Gesprächsrunde das Publikum mit vielen Anekdoten und beantwortet unprätentiös alle Fragen.
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Prochnow berichtet wie fordernd die Aufnahmen in der Enge der detailgetreu nachgebauten Stahlrohre in den Bavaria Studios in München gewesen seien - körperlich wie emotional. Dies zudem mit der wohlbekannten Stimme des "Kaleun" (und der deutschen Synchronstimme von Sylvester Stallone) zu hören, war allein ein Erlebnis, an das man sich erinnern und gerne weitererzählen wird.
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Verena Wengler-Prochnow hat mitgeholfen den (Traum)Wunsch des Kulturtheaters zu erfüllen: Einen Hollywood Star nach Tutzing zu holen. Zum Dank gibt es eine süße Wünschelrute.
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Dank des Erlöses dieses Abends saniert das gemeinnützige Kulturtheater Tutzing die kultigen Saalleuchten aus dem Jahr 1953. Drei von Jürgen Prochnow handsignierten Kinoplakaten werden an die drei meistbietenden Spender verschenkt. Spendenangebote bitte noch einreichen bis 30.11. unter vorstand@kulturtheater-tutzing.de
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Für seine ehrenamtliche Unterstützung erhält Jürgen Prochnow die Ehrenmitgliedschaft des Kulturtheater Tutzing e.V.
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Oliver Lopschat ist der glückliche Gewinner eines signierten Kinoplakats vom "'Idol aus meiner Jugend".
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Jürgen Prochnow wünscht dem Kulturheater Tutzing alles Gute für die Zukunft und bedankt sich bei allen Anwesenden: "Es ist wichtig Kinokultur zu unterstützen und zu erhalten. Bleiben Sie dran und haben sie weiterhin viel Erfolg dieses schöne Kino lebendig zu halten."
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Das Magazin "mare" beleuchtet in jeder Ausgabe das Meer aus einer neuen Perspektive. Im aktuellen Heft beschreibt Andreas Kilb (Kulturkorrespondent der FAZ) in seinem Artikel "Der Film", dass "Das Boot" bei der Kinopremiere 1981 eine "Weltsensation" war und heute nicht kleiner, sondern größer geworden ist. Das Magazin ist nicht mehr im Kino erhältlich, sondern in der Buchhandlung "Das Eselsohr".
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Das Foyer des Kulturtheaters Tutzing eingetaucht in marineblaues Licht - kultig passend zum Kinoplakat von "Das Boot". Vorstandsmitglieder Lucie Vorlíčková und Friedemann Beyer beim Fototermin für die Presse mit dem frisch ernannten Ehrenmitglied Jürgen Prochnow.
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Die ikonische Filmszene: Das Boot liegt auf Grund. Die Besatzung hat präzise und klaglos Unmögliches geleistet. Der Kommandant blickt auf seine Männer - diese sind völlig erschöpft, manche schauen aus wie fast tot. Er hat einen stillen Moment für sich und atmet mehrmals tief ein und aus dann kommt der Satz: "Gute Leute muss man eben haben. Gute Leute." Diese sehr lange Pause und das tiefe atmen standen nicht im Drehbuch, sondern wurden von Prochnow improvisiert. Ein Augenblick ohne Pathos, kein offizielles Lob, sondern die stille Wertschätzung eines Kommandanten, der weiß, was er seinen Männern zu verdanken hat. Den zentralen menschlichen Moment von "Das Boot" verdankt Wolfgang Petersen seinem Hauptdarsteller.
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Leider gibt es kein Crew-Foto des Teams vom Kulturtheater. Ein herzliches Dankeschön gebührt Corinna Popowytsch, Klementine Rehm, Gisela Dillmann, Anna von Werthern-Kuhn und Thomas Bergmann, die diesen unvergesslichen Abend ehrenamtlich gestemmt haben.
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Kommentare

Auf mehrfache Nachfrage noch folgende Info:
Die nächsten Tutzinger Filmerkundungen von und mit dem renommierten Filmhistoriker Friedemann Beyer zeigen wir am Samstag, den 14. März 2026. Das Programm beginnt sich derzeit noch in Planung.
Wunderschön, diese Anekdoten und hautnahen Erlebnisse mit großen Künstlern der Filmgeschichte.
Danke an alle Mitwirkenden, die solche tollen Ereignisse in Tutzing ermöglichen.