In einem Kino ist es selten so still wie auf dem Meeresgrund. Aber als Jürgen Prochnow im Tutzinger Kulturtheater von den Dreharbeiten für „Das Boot“ erzählte, hätte man dort auch einzelne Wassertropfen fallen hören können wie in einer Szene des Films. Was der Weltstar über die Entstehung des Filmklassikers von Wolfgang Petersen berichtete, war freilich auch so spannend wie der dreieinhalbstündige „Director’s Cut“, der im Anschluss an das Gespräch mit Friedemann Beyer im Tutzinger Kino lief.
Der renommierte Filmhistoriker und Publizist Friedemann Beyer aus Berlin präsentierte an diesem Abend die zehnten "Tutzinger Filmerkundungen". Die eigene inzwischen auch überregional viel beachtete Filmreihe, die er dem gemeinnützigen Kulturtheater Tutzing widmet . Für dieses kleine Jubiläum entschied er sich für Wolfgang Petersens Meisterwerk der Filmgeschichte.
Viele der Zuschauer dürften den vor 45 Jahren gedrehten Film zwar schon so oft gesehen haben, dass sie die inzwischen legendären Dialoge ("Gute Leute muss man eben haben, gute Leute") mitsprechen könnten. Aber wer wusste schon, dass Prochnow, der mit der Rolle des U-Boot-Kommandanten zum international gefeierten Filmstar wurde, den „Alten“ beinahe nicht hätte spielen können, weil Geldgeber des Films meinten, dass er dafür nicht passe?
Regisseur Petersen aber hielt an Prochnow fest wie auch an den vielen bis dahin nicht bekannten jungen Schauspielern, für deren Karrieren „Das Boot“ ebenfalls zum Glücksfall wurde. Zur Mannschaft, die der Welt etwas zeigte, was sie noch nie gesehen hatte, gehörten unter anderen Uwe Ochsenknecht, Heinz Hoenig und Martin Semmelrogge . Zu Herbert Grönemeyer hat Prochnow, der mit seiner Frau Verena Wengler-Prochnow nach Tutzing gekommen war, immer noch Kontakt.
Prochnow beantwortete die hervorragend vorbereiteten Fragen Beyers sehr offen. Er erzählte mit der wohlbekannten Stimme des "Kaleun“, wie fordernd die Aufnahmen in der Enge der detailgetreu nachgebauten Stahlrohre in den Bavaria Studios in München gewesen seien, körperlich wie emotional. Um die heftigen Bewegungen des Boots im Sturm darstellen zu können, sei die Röhre auf eine große Wippe montiert worden. Einmal habe der ganze Film auch auf der Kippe gestanden - als ein großer Nachbau des Bootes nach einem Sturm vor der französischen Atlantikküste gesunken sei.
Als der dann doch noch fertiggestellte Film 1981 in die deutschen Kinos kam, wurde er, was man sich heute kaum noch vorstellen kann, von vielen deutschen Kritikern verrissen. Nicht aus künstlerischen Gründen, sondern weil er nicht den damals noch gängigen Vorstellungen von einem - noch dazu von Deutschen gedrehten - Antikriegsfilm entsprach. In den Ländern, die im Zweiten Weltkrieg Deutschlands Kriegsgegner gewesen waren, so berichtete es Prochnow an diesem Abend auch aus eigener Erfahrung, ist der Film aber schnell zu einem Riesenerfolg geworden, wie dann auch in Deutschland selbst. Er zeigt in einem bis dahin noch nicht dagewesenen und immer noch ergreifenden Realismus, dass der U-Boot-Krieg auch ein Horror für die Männer in den U-Booten war. Auch die Zuschauer im bis auf den letzten Platz besetzten Tutzinger Kino standen im Bann dieses Meisterwerks der Filmgeschichte.
Am Ende der dreieinhalbstündigen Fassung, mit der dann auch der Autor des gleichnamigen Romans, Lothar-Günther Buchheim, einverstanden war, stirbt der „Alte“ beim Bombenangriff auf das Boot. Prochnow aber drehte noch viele Filme, ging nach Amerika und kam wieder zurück nach Deutschland, nun auf Einladung von Lucie Vorlíčková auch nach Tutzing. Sie moderierte unterhaltsam durch den Abend, so dass gar ein Hauch Oscar Night in der Luft lag. Zum Dank ernannte sie schließlich im Namen des Vorstands Jürgen Prochnow für sein ehrenamtliches Engagement für den Verein zum Ehrenmitglied. Der Weltstar ist nahbar geblieben, beantwortete viele Fragen aus dem Publikum, schrieb Autogramme und lächelte in Selfies. Mit herzlichem Applaus verabschiedete das sichtlich bewegte Publikum die Schauspielerlegende.
***
Das Kulturtheater Tutzing dankt Jürgen Prochnow und Friedemann Beyer für dieses unvergessliche Erlebnis. Allen Lesern, die nicht dabei sein konnten, wünscht das Kulturtheater Tutzing viel Vergnügen bei der Nachlese mit der Bildstrecke.

Kommentar hinzufügen
Kommentare
Die nächsten Tutzinger Filmerkundungen von und mit dem renommierten Filmhistoriker Friedemann Beyer zeigen wir am Samstag, den 14. März 2026. Das Programm beginnt sich derzeit noch in Planung.
Danke an alle Mitwirkenden, die solche tollen Ereignisse in Tutzing ermöglichen.