Von Christine Adler

Schwangeren Mamis Mitfahrt verwehrt

Haben ein ungeborenes Leben und seine Geschwister ein Recht auf einen Platz im Bus?

Bushaltestelle2.jpg
Bushaltestelle am Fischergassl © L.G.

Tatort: Bushaltestelle am Bahnhof Tutzing. Tatzeit: 18:02 Uhr, Beteiligte: der Bus nach Andechs, der Busfahrer, drei schwangere Asylbewerberinnen mit drei Kinderwägen und drei Kindern sowie ich mit Zwillingswagen, zwei Kindern und einem Haufen Reisegepäck.

Tathergang: Als ich vom Zug aus Richtung München, voll beladen mit dem Kinderwagen und meinen Kids den Bus Richtung Andechs - meine bevorzugte Haltestelle ist das Fischergassl - nehmen wollte, verhinderte mir ein Kinderwagenstau das Betreten des Busses. In der hinteren offen Türe stand wild gestikulierend der Busfahrer und verweigerte den Flüchtlingsfrauen - allesamt mit großen Kugelbäuchen - und ihren Kindern den Einlass. Und mir natürlich damit auch, weil ich ja der letzte Ankömmling war - mit den Worten, der Bus sei voll. Er meinte damit nicht die Sitzplätze des Busses. Dieser war nämlich fast gänzlich leer. Er meinte offenbar den Bereich ohne Sitzplätze, in dem sonst erfahrungsgemäß bis zu drei Kinderwagen, Omis mit Rollatoren und Rollstuhlfahrer Platz finden. Oft ist es nämlich in diesem Bereich ganz kuschelig und jeder versucht noch durch Zammrutschen einem Neuankömmling die Mitfahrt möglich zu machen, auch mit seinem Gefährt.

Bus angeblich nur für einen Kinderwagen zugelassen

-Bushaltestelle5-Bahnhof.jpg
"Tatort" Bahnhof © L.G.

Das sah der Busfahrer aber anders. Denn in dem Bus befand sich bereits ein Kinderwagen. Die Mutter hatte ihr Kind auf einem Sitzplatz im Arm. Das heißt, der Kinderwagen wäre gut stapelbar, zusammenklappbar oder sonst was auch immer gewesen. Nein, meinte der Busfahrer, dieser Bus sei nur für einen Kinderwagen zugelassen. Diese Information, wenn sie denn stimmt, ist den anderen Busfahrern aber bislang scheint's entgangen - oder, weil menschlich, wurscht gewesen.

Ich wagte mich daraufhin in den Diskurs einzumengen, mit dem Hinweis, dass die drei Damen ja schwanger seinen und er in diesem Falle doch ein Auge zudrücken möge, denn die Damen müssten jetzt mitsamt ihrer Kinder dringend heim nach Andechs. Das sei ihm egal, sie könnten ja eine Stunde auf den nächsten Bus warten, entgegnete darauf der Busfahrer. Rein mathematisch müsste nach diesem Prinzip eine der Damen - von mir ganz zu schweigen - drei Stunden auf ihre Fahrt warten - und dann verbleibt auch die Frage: wo? Denn ein regnerisches Gewitter schien im Anmarsch.

Mir war in diesem Moment klar, dass ich meinen Weg Richtung Heimat per pedes absolvieren würde. Doch der Verbleib der Damen bereitete mir Sorge. Daher bat ich den Busfahrer erneut um sein Einsehen oder eine Lösung, was dieser aber wieder entschieden verneinte.

Daher nun meine Frage, verehrtes Tutzing, verehrte Busbetreiber: Ist das rechtens und menschlich, angebliche Regeln in so einem Falle nicht beugen zu dürfen? Und gibt es diese "Ein-Kinderwagen-Regel" überhaupt? Das werde ich beim Busbetreiber morgen erfragen und Sie auf dem Laufenden halten. Doch in meinem Herzen bleibt eine tiefe Scham über solch ein Verhalten in unserem schönen Tutzing.

Anzeige
Banner-X2.png
Quelle Titelbild: L.G.
ID: 808
Über den Autor
Adler2017.jpg

Christine Adler

Christine Adler ist Mutter von zwei Kindern, Schauspielerin und wohnt in Tutzing

Kommentar hinzufügen

Anmelden , um einen Kommentar zu hinterlassen.
Feedback / Fehler melden