Die Tutzinger Gemeinderatsfraktion von Bündnis 90 / Die Grünen setzt sich für eine enge Kooperation zwischen Verband Wohnen, der Gemeinde und einer bürgergetragenen, noch zu gründenden Genossenschaft ein. Damit sollen Konsequenzen aus den aktuellen finanziellen Problemen des Verbands gezogen werden.
Wie kürzlich bei einer Verbandsversammlung bekannt wurde, fehlt es ihm an finanziellen Mitteln für weitere Neubauten – so auch für die seit Jahren geplante Wohnanlage im Tutzinger Schönmoos. In der Verbandsversammlung haben Verantwortliche der Kommunen, die den Verband tragen, ihre eigene Finanzmisere beklagt und für den Verband ein neues Finanzkonzept gefordert. Eigentlich sollten die Kommunen – darunter auch Tutzing - und der Landkreis Starnberg zusammen eine Wohnbau-Umlage von insgesamt fast zwei Millionen Euro an den Verband zahlen, doch dazu sehen sich die meisten von ihnen nicht in der Lage. Dass die neue Wohnanlage in absehbarer Zukunft errichtet werden wird, erscheint deshalb unter den gegebenen Umständen unwahrscheinlich.
Nach dem Antrag der Grünen soll sich Tutzings Bürgermeister Ludwig Horn im Verband Wohnen dafür einsetzen, dass notwendige Satzungsänderungen ermöglicht und das Projekt Schönmoos in Kooperation mit der vorgeschlagenen Genossenschaft zügig umgesetzt wird. Bernd Pfitzner, Gemeinderat der Grünen, erklärt dazu: „Durch die für das Haushaltsjahr 2026 ausgesetzte Wohnbauumlage des Landkreises Starnberg und der Mitgliedsgemeinden des Landkreises Starnberg kommt der Bau dringend benötigter Wohnungen weiter ins Stocken.“ Mit einer Kooperation von Bürgerschaftlichen Engagement und dem Verband Wohnen könne das Wohnbauprojekt Schönmoos wesentlich zügiger realisiert werden.“
Der Antrag der Grünen zum Schönmoos
Genossenschaftsmitglieder sollen das Eigenkapital für einen Teil der Wohnungen bereitstellen
Als Ziel der Kooperation bezeichnen es die Grünen, „die fachliche Kompetenz des Verbands Wohnen mit Bürgerkapital und lokaler Verantwortung zu verbinden“. Der Verband Wohnen soll danach seine personellen Ressourcen, Planungsleistungen und Bauträgeraufgaben einbringen, während die Mitglieder der Wohnbaugenossenschaft das notwendige Eigenkapital für einen Teil der Wohnungen bereitstellen. So könnten Wohnungen für Menschen mit niedrigen Einkommen ebenso entstehen wie dauerhaft bezahlbare Wohnungen für Haushalte mit mittleren Einkommen, die in der klassischen sozialen Wohnraumförderung häufig leer ausgingen, argumentieren die Grünen. Durch gemeinsam zu erarbeitende Vergabekriterien wollen sie soziale Durchmischung, Ortsbezug, Familienfreundlichkeit und langfristige Bezahlbarkeit sichern.
Fraktionssprecherin Flora Weichmann hält die soziale Bedeutung des Projekts für wesentlich: „Schönmoos ist ein Schlüsselprojekt für bezahlbaren Wohnraum in Tutzing – jedes weitere Jahr Verzögerung verschärft die Lage für Familien, Alleinerziehende und Menschen mit geringeren Einkommen.“ Mit einer Wohnbaugenossenschaft würden die Bürgerinnen und Bürger mit ins Boot geholt. So würden sie das Quartier dauerhaft in der örtlichen Gemeinschaft verankern.
Michael Ehgartner, Gemeinderat der Grünen, ist auch Verbandsrat im Verband Wohnen. Er hebt die finanzielle und strukturelle Dimension hervor: „Der Verband Wohnen bringt Planungserfahrung und professionelle Strukturen mit, die wir dringend brauchen – aber ohne zusätzliches Eigenkapital aus der Bürgerschaft bleibt Schönmoos weiter im Wartestand.“
Pfitzner unterstreicht zudem den gemeinwohlorientierten Ansatz: „Mit der Wohnbaugenossenschaft Tutzing schaffen wir ein dauerhaft gemeinwohlorientiertes Wohnungsunternehmen vor Ort, das nicht renditegetrieben arbeitet, sondern sich an der Daseinsvorsorge orientiert.“ So könne sichergestellt werden, dass Schönmoos langfristig im Eigentum und in der Verantwortung der Tutzinger Bürgerinnen und Bürger bleibe und nicht zum Spekulationsobjekt werde.
In einer Kooperation zwischen Verband Wohnen, Gemeinde und einer Wohnbaugenossenschaft sehen die Grünen ein Modellprojekt für sozial und ökologisch verantwortliche Ortsentwicklung, die Vorbildcharakter für den gesamten Landkreis haben könne.
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Kommentare
Meiner Meinung nach sollte die Gemeinde in Zusammenarbeit einer Bürgergenossenschaft oder mit anderen Partner das Projekt am Schönmoos angehen. Und denkt bitte auch an Azubis/ Studis und Berufsanfänger – diese Gruppen werden meist total vergessen!
danke & gut dass Sie uns Bürgern dies hier im offenen Dialog erläutern.
Aus den zuvor veröffentlichten Antrag und der Berichterstattung war diese Art der Aufteilung zwischen Genossenschaft & Verband nicht erkennbar.
Aber nun verstehe auch ich es tatsächlich ein Stück weit besser.
Dann scheint also der Verband Wohnen in der Lage zu sein, zumindest einen mehr oder weniger großen Anteil der Wohnanlage selbst zu stemmen?
Die Genossenschaft soll dann den anderen Teil der Baukosten finanzieren?
Ich bleibe weiter am Thema interessiert; der Termin der Infoveranstaltung wird sicherlich rechtzeitig veröffentlicht werden.
Der Bericht & die Vorschläge des Verband Wohnen werden zur gegebenen Zeit auch erhellend werden.
Frohe Feiertage!
Bernhard Rekus
sie haben die Idee leider noch nicht ganz verstanden. Wir benötigen nicht 70 Neumitglieder einer Genossenschaft, weil diese ja nur einen Teil der Wohngebäude übernehmen soll. Der andere Teil verbleibt beim Verband Wohnen. Der Schlüssel des Erfolges liegt in der Kooperation. Der Verband Wohnen bringt seine Expertise für den (günstigen) Bau solcher Wohngebäude ein, einen Teil der Gebäude übernimmt die Genossenschaft für ihre Mitglieder. Diese bringen das entsprechend benötigte Kapital mit. Für mich ist das eine sehr gute Symbiose.
Genossenschaftliches Wohnen ist ein bald schon jahrhundertealtes Erfolgsrezept. (https://www.wohnungsbaugenossenschaften.de/genossenschaften/wie-funktioniert-genossenschaft). In München sind Wohnungsbaugenossenschaften Erfolgsmodelle, die ihren Mitgliedern dauerhaft günstigen Wohnraum sichern. Das sind Menschen, die sich kaum eine Wohnung auf dem freien Wohnungsmarkt leisten können, aber aus den Vergabekriterien für sozialen oder geförderten Wohnungsbau herausfallen, weil sie dafür ein zu hohes Einkommen haben.
Wir werden dazu im Januar eine Veranstaltung machen. Sehr gerne können wir Sie dazu persönlich einladen. Interessenten an der Veranstaltung oder an so einer Genossenschaft können sich jetzt schon per Mail an genossenschaft@bernd-pfitzner.bayern wenden.
Beste Grüße
Bernd Pfitzner
Um die 70 Wohnungen sollten es doch werden? Die brauchen wir dringend in Tutzing.
Aber ob man im kleinen Tutzing auch 70 Genossen findet, die bereit & in der Lage sind mindestens 5-stellige Genossenschaftseinlagen - wohl noch vor Baubeginn, also lange vor einem möglichen Einzug ? - auf den Tisch des Hauses zu legen? Unverzinst ... und Miete müssten sie dann trotzdem noch Monat für Monat zahlen.
Und bekommt man die Genossenschaftseinlage auch wieder rasch zurück, wenn man nach ein paar Jahren ausziehen muss? (Beruflicher Umzug, private Veränderungen, Todesfälle usw.)
Ob das 70x im kleinen Tutzing funktioniert?
Außerdem ... Ist die juristische Seite rund um die Genossenschaftsanteile & die damit verbundenen Mietverträge gerichtsfest geklärt?
Was, wenn jemand erst mal mitmacht, aber kurz nach Einzug Klage erhebt?
Vor dem Hintergrund der drückenden Wohnungsmangellage und um drohende Obdachlosigkeit für sich und die Familie zu verhindern, habe man sich zur Genossenschaftseinlage gedrängt gefühlt. Ohne zinslose Einlage keine Mietwohnung!
Jetzt wolle man aus der Genossenschaft wieder aussteigen und fordere die abgenötigte Einlage zurück, ersatzweise fordere man zumindest rückwirkend eine marktübliche Verzinsung der Einlage. Sobald damit der Erste Erfolg hat, bricht das gesamte Konstrukt wie ein Kartenhaus zusammen.
Zumindest bei überteuerten Mietwucherverträgen führt das gleiche Vorgehen (erst unterschreiben & einziehen, später klagen) mit vergleichbarer Argumentation häufig, fast schon regelmäßig zu Erfolgen.
Apropos günstige Miete:
Wenn man eine hohe Einlage unverzinst zur Verfügung stellen muss, statt damit selbst Zinserträge zu erzielen, ist das doch auch nur eine verkappte 2. Kaltmiete, oder nicht?
Ich denke mit dem Verband Wohnen und der Immobilie als Sicherheit, könnte man eine entsprechende Anleihe auf einem sehr niedrigen Zinsniveau am Markt platzieren. Die Zinslast wäre somit gewiss deutlich geringer, als Privatkunden einzeln bei den Banken für Wohnungskredite bezahlen müssen. Mietern, die sich das tatsächlich leisten können, steht es ja auch frei diese Anleihe selbst zu zeichnen.
Ich denke auch, dass man mehrere Modelle umfassend durchdenken und auch durchrechnen muss.
Hat man den Verband Wohnen und seine neue Geschäftsleitung nicht genau damit beauftragt?
Bin sehr gespannt, was dabei herauskommt.
der Verband Wohnen vermittelt Mietwohnungen an Menschen, die gewisse Einkommensgrenzen nicht überschreiten. Im Landkreis Starnberg haben es aber Familien mit einem mittleren Jahreseinkommen (z. B. 60.000 EUR) schon schwer, eine bezahlbare Wohnung zu finden. Mit so einem Einkommen fallen diese aber aus den Vergabekriterien des Verbandes Wohnen raus. Mit einem bisschen Eigenkapital könnten die sich evtl. eine Wohnung bei der Genossenschaft sichern.
Sie haben recht. beides kostet Geld sowohl die Anleihe wie auch die zusätzliche Genossenschaft.
Aber wenn einige Gemeinden kein frisches Geld nachschießen wollen, und andere Gemeinden gar nicht können?
Zu Ihrem 2. Punkt:
Wie soll man sich das vorstellen?
Die zukünftigen Genossen sind finanziell schwach genug für geförderten Wohnbau, und sollen gleichzeitig doch das fehlende Kapital in garnicht so unerheblicher Höhe zinslos zur Verfügung stellen?
vielen Dank für die Anmerkungen. Folgende Hinweise hierzu:
1. Sollte der Verband Wohnen Anleihen ausgeben, so muss der Kapitaldienst für diese Anleihen zusätzlich verdient werden. Damit würden die Mieten zusätzlich steigen. Schon jetzt hat der Verband Wohnen große Schwierigkeiten bei den gestiegenen Baupreisen neu geschaffenen Wohnraum zu adäquaten Preisen für Menschen mit Wohnberechtigungsschein anzubieten. Die Ausgaben von Anleihen würde diese Problem verschärfen.
2. Die Wohnungsbaugenossenschaft gibt ihr Geld in diesem gemeinsamen Projekt zinslos, da die Mitglieder der Genossenschaft keine Verzinsung auf Ihr Kapital erwarten sondern ein Wohnrecht in dem Wohnprojekt "erwerben". Die Mitglieder der Genossenschaft finanzieren somit nicht nur den Bau der "Verband Wohnen"-Wohnungen sondern subventionieren ihn.
3. Die Wohnungsbaugenossenschaft erweitert das Wohnungsangebot an weitere Einkommensschichten. Während der Verband Wohnen für die unteren Einkommensschichten Wohnraum zur Verfügung stellt, wendet sich die Genossenschaft an Menschen mit mittlerem Einkommen bzw. mit etwas vorhandenem Eigenkapital.
Der Verband Wohnen braucht aktuell zusätzliches Geld, um dieses angeplante Wohnprojekt fortführen zu können?
Statt eine neue, zusätzliche Genossenschaft zu gründen, würde ich jetzt eher an die Ausgabe langlaufender Anleihen denken, oder vergleichbares. 10 Jahre, 20 Jahre oder auch noch länger. Mit dem Verband und der Immobilie als Sicherheit.
Nur bitte nicht (!!!) diese derzeit in Mode gekommenen Nachrangdarlehn, die den Anlegern im Notfall keinerlei Sicherheit bieten.
Thema Tempo:
Im Zweifel sollte der Weg über eigene Anleihen auch unbürokratischer und schneller sein, als zunächst eine neue Genossenschaft auf die Beine zu stellen, um dann erst Mitglieder & Kapital einzuwerben.
Die Fragezeichen bzgl. des Mobilitätskonzeptes habe ich jedoch auch.
Außerdem müsste man beim diskutierten Genossenschaftskonzept auch wirksam verhindern, dass bürokratische & teure Doppelstrukturen geschaffen und bezahlt werden müssen! Den Verband Wohnen gibt es bereits, aber auch eine neue Genossenschaft muss administrativ, finanziell und technisch geführt werden. Wer soll das über die Jahrzehnte machen? Für lau oder gegen Bezahlung? Werden Verband & Genossenschaft dabei wirklich stets am gleichen Strang ziehen?
"Wohnungen für Menschen mit niedrigen Einkommen" sehen die Grünen in Gefahr, weil sich der Neubau der vom Verband Wohnen geplanten Wohnanlage auf dem zentralen Tutzinger Filetstück am Schönmoos wegen Geldmangel verzögert. Das "Modellprojekt für sozial und ökologisch verantwortliche Ortsentwicklung" solle "Vorbildcharakter für den gesamten Landkreis" haben. Aber wer sich die Pläne und Zeichnungen der vorgesehenen massiven Bebauung genauer ansieht, wird feststellen, dass hier einfach eine Neuauflage der alten, schnell errichteten Mietskasernen aus der Nachkriegszeit geplant ist. Spätestens seit den Zeiten der Unruhen in den Pariser Banlieues in den siebziger Jahren gelten aber solche Konzepte der massiven Menschenunterbringung in schachtelähnlichen Gebäuden nicht mehr unbedingt als städtebauliche Highlights, sondern werden für die Entstehung sozialer Probleme mitverantwortlich gemacht. So gesehen ist der unfreiwillige Aufschub der Planungsrealisierung in Tutzing eine Chance für die städtebauliche Entwicklung der Gemeinde. Wirklich kreative Ideen sind bisher nicht zu erkennen. Vielleicht sollte die Bebauung dieses Filetstücks in zentraler Lage vor endgültigem Beschluss noch einmal gründlich überdacht werden, auch im Hinblick auf das mit dem Bebauungsplan verbundenen Mobilitätskonzept des Verbandes Wohnen. Dieses sieht eine massive Verringerung der bisherigen Stellplätze vor. Menschen mit niedrigem Einkommen brauchen wohl kein Auto?! Und was ist mit den Auswärtigen und Nichtanwohnern, die hier in unmittelbarer Bahnhofs- und Seenähe bereits jetzt erheblich zur bestehenden Parknot beitragen? Insbesondere auch seit der elektronischen Erhebung von Parkgebühren bei den nahen Supermärkten.