Offenkundig unter dem Eindruck der Proteste gegen die geplante Neubebauung in der Siedlung am Bareisl hat deren Eigentümerin Eigenheimbau GmbH für Mittwoch, den 14. Juni gegen 18 Uhr einen Informationstermin für die Anwohner angesetzt. Er soll auf der Wiese stattfinden, auf der der Neubau errichtet werden soll.
Beim Baurecht war bisher ein zentraler Aspekt offen: Ist das für die Neubebauung vorgesehene Areal planungsrechtlich als Innenbereich oder als Außenbereich einzustufen? Einem Neubau stünde weniger entgegen, wenn das Gebiet dem Innenbereich zugeordnet werden sollte. Anders würde es aussehen, wenn das Gelände dagegen als Außenbereich gelten sollte. Wie es in diesem Teil der Bareisl-Siedlung aussieht, das ist auf dem Prüfstand, seit die Neubaupläne vorgestellt worden sind. Dem Außenbereich werden alle solche Flächen zugerechnet, die nicht mit einem bebauten Ortsteil in Zusammenhang stehen und auch nicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplans liegen. Flächen des Außenbereich sollen grundsätzlich von Bebauung frei gehalten werden. Davon gibt es generell nur wenige Ausnahmen, so etwa für landwirtschaftliche Zwecke. Dennoch ist das Bauen im Außenbereich nicht komplett verboten. Der Paragraf 35 des Baugesetzbuchs regelt sogar genau, unter welchen Umständen im Außenbereich gebaut werden darf.
Wann Bauten im Außenbereich zulässig sind
Dabei wird zwischen sogenannten privilegierten und nicht privilegierten Vorhaben unterschieden. Privilegierte Vorhaben sind im Außenbereich meist zulässig, nicht privilegierte Vorhaben nicht. Als privilegiert gelten besonders solche Vorhaben, die einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dienen und nur einen untergeordneten Teil der betreffenden Betriebsfläche einnehmen. Andere – „nicht privilegierte“ Vorhaben sind dann zulässig, wenn ihre Ausführung öffentliche Belange nach Paragraf 35 Absatz 3 des Baugesetzbuchs nicht beeinträchtigt und wenn die Erschließung gesichert ist. Auf alle Fälle ist dabei stets das Einvernehmen der Gemeinde nötig, das sie nur aus bauplanungsrechtlichen Gründen versagen darf. Sie kann die Nutzung eines Grundstücks mit einer Bauleitplanung vorbereiten und steuern. Ob ein Bauvorhaben generell und in der vorgesehenen Größe zulässig ist, wird davon abhängig gemacht, ob das Vorhaben die bauplanungsrechtlichen Anforderungen nach Paragraf 29 des Baugesetzbuchs erfüllt. Sie betreffen besonders die Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung baulicher Anlagen.
In der Bareisl-Siedlung werden die Proteste gegen die Neubebauung unterdessen intensiviert. Ein Bautechniker, der sich im Netzwerk der dortigen Bevölkerung engagiert, hat Visualisierungen der vorgesehenen Bebauung angefertigt, und zwar anhand der bereits vom Eigentümer Eigenheimbau GmbH veröffentlichten Pläne. Die Initiatoren einer Petition gegen das Vorhaben meinen, dass die Umgebungssituation auf diese Weise besser erkennbar wird. Korbinian Schlingerman, einer von ihnen, behauptet: „Die Visualisierungen des Investors zeigten ein verfälschtes Bild, da sie auf freier Wiese dargestellt wurden, ohne die vorhandene Umgebung zu berücksichtigen.“ Das Ausmaß der geplanten Neubebauung, die Abtragung der Böschung und die Bebauung bis an den Bareislgraben würden erst durch die Visualisierungen des Bautechnikers deutlich.
Eigentümer verweist auf Investitionen von mehr als zwei Millionen Euro seit 2012
Beim Eigentümer der Bareisl-Siedlung, dem Münchner Unternehmen Eigenheimbau GmbH, wird unterdessen auf frühere Erweiterungspläne verwiesen. Bereits 2003 und 2009 sei es um den jetzt wieder zur Diskussion stehenden Neubau an gleicher Stelle gegangen, sagte Eigenheimbau-Geschäftsführer Stefan Schmidt der "Süddeutschen Zeitung". Doch das Unternehmen habe sich dabei jedes Mal „eine Abfuhr“ geholt. Der Gemeinderat habe damals "städtebauliche Brutalität" und einen „Rückfall in die Sechzigerjahre" kritisiert.
Über die Proteste am Bareisl äußerte sich Schmidt dem Zeitungsbericht zufolge „ein wenig geschockt“ - so etwas habe er noch nie erlebt. Die Grünfläche werde zwar kleiner werden, doch vorgesehen sei keine Verkleinerung, sondern eine Versetzung des Spielplatzes. Die Wohnungen würden weitgehend für Familien geeignet, die Mieten „ortsüblich“ sein. Die Süddeutsche Zeitung zitiert Schmidt damit, dass viele derzeitige Mieter noch sieben oder acht Euro je Quadratmeter zahlten. Bei anderen seien es 12 bis 15 Euro.
Zu Klagen über teils schlechten Zustand der Bestandsgebäude verwies Schmidt nach dem Zeitungsbericht auf Investitionen in die Anlage von mehr als zwei Millionen Euro in den vergangenen zehn Jahren. Zu Bedenken wegen unzureichender Autostellflächen deutete Schmidt gegenüber der Süddeutschen Zeitung an, dass die geplante Tiefgarage auch zweistöckig gebaut werden könne.
Neuer Mieter kommt sich "veräppelt" vor
Bei den Initiatoren der Petition hat sich unterdessen ein Familienvater gemeldet, der Anfang Mai dieses Jahres am Bareisl eine Wohnung gemietet hat und im August oder September nach Tutzing ziehen will, wo er eine Anstellung bekommen hat. „Wir kommen uns ehrlich gesagt, ziemlich veräppelt vor“, kritisiert er, „da die Immobilienmaklerin mit keinem Wort erwähnt hat, dass hier eine Großbaustelle geplant ist und der Blick komplett verbaut wird und wir dann vom Balkon aus auf die Tiefgarageneinfahrt schauen dürfen.“ Ganz im Gegenteil habe die Maklerin noch erwähnt, wie „ländlich“ und ruhig es am Bareisl sei, dass die Parkplatzsituation kein Problem sei, dass es einen tollen Spielplatz gebe und dass der Garten natürlich mitgenutzt werden könne. Und nicht nur das: „Auch der Vermieter, Herr Schmidt, hat beim Unterschreiben des Mietvertrages natürlich kein Wort erwähnt.“ Er habe daraufhin die Immobilienmaklerin angeschrieben und sie gefragt, wie sie vergessen konnte zu erwähnen, dass dort eine Baustelle geplant ist und um Stellungnahme gebeten. Sie habe Folgendes darauf geantwortet: „Ich habe nicht vergessen, Ihnen davon zu erzählen, da die Eigentümerin seit 25 Jahren die Erweiterung der Wohnungsanlage plant und zum Zeitpunkt Ihrer Anmietung der Wohnung kein positiver Bescheid ergangen ist.“ Ob und wann die Bebauung aufgrund dieser neuen Entscheidung stattfinde, sei noch nicht geklärt. Es sei auf jeden Fall davon auszugehen, dass in den nächsten zwei Jahren keine Bebauung erfolgen werde.
Visualisierungen des Neubauprojekts für die Anwohnerschaft durch einen Bautechniker:
Alle Visualisierungen auf dieser Seite stammen nicht vom Eigentümer der Siedlung. Erstellt hat sie ein Bautechniker für die Anwohnerschaft am Bareisl.
Kommentar hinzufügen
Kommentare
Wie ich sah, haben sich fast 400 Bürger in eine Petition eingetragen.
Schon die Planung allein verändert bei vielen nachhaltig das Lebensgefühl hier am Bareisl, wie auf den Veranstaltungen zu hören war.
Seit 1964 besteht die freie Front zum wichtigen Bareislgraben, zum Wald und zum Natur-Kinderspielplatz. Nach dem gewaltigen Haus-Neubau mit der vgl. riesigen Tiefgarage im Untergrund würde es nie wieder so sein, wie es war.
Der bekannte Spruch: " Die Gegenwart ist die Gute, Alte Zeit von morgen" würde dramatische Bedeutung und Bestätigung für so viele Betroffene erfahren.
Nicht nur bei Extremwetterlagen erfüllt der Bareislgraben eine wichtige Abwasserfunktion; zukünftig sicher mehr als schon gegenwärtig.
Es sollte also nicht weiter bebaut und versiegelt, sondern stattdessen in den Hochwasserschutz investiert werden.
Der Bauherr von 1964 hatte vermutlich auch einen gewichtigen Grund, weshalb das nun geplante Gebäude nahe der Abbruchkante zum Bareislgraben seinerzeit gerade NICHT errichtet wurde.
Dies anzumerken, sollte schon erlaubt sein.
Viele Anwohner würden bestimmt wegziehen, aber das wäre für Eigenheim Bau wahrscheinlich vorteilhaft, Wohnung schnell schlampig renovieren und teurer wieder vermieten.
Die Mietpreise unverschämt.
Wer soll das noch zahlen können.
Die Kinder haben unter corona schon gelitten und nun unterbaulärm und Platzmangel.
Unverschämt nur ans Geld denken
Es ist der viel zitierte "Irrsinn", der am Bareisl passiert. Fortsetzung folgt am 14.6. bei einer 3. Infoveranstaltung zum Thema. Diesmal einberufen durch den Eigentümer selbst, verkündet bislang einzig über die Presse. Nach bisher 2 Veranstaltungen zum Thema (25.5/1.6) zu der es leider kein Verantwortlicher der Eigenheimbau GmbH geschafft hatte.
Zu hoffen bleibt, dass es hier zur zitierten "Klarstellung" kommt, denn lediglich von "völligem Schmarrn" und "Frechheit" zu sprechen ist weder zielführend noch zutreffend, hängt doch die "Wichtige Mitteilung" zu den erhöhten Legionellenwerten vom Juli 2022 noch heute für jedermann gut leserlich im Eingangsbereich. Einer fundierten Klarstellung hingegen wird erwartungsvoll entgegen geblickt.