Bauplanung
26.3.2023
Von vorOrt.news

Zwei Tutzinger Bebauungspläne fertig

Bauausschuss fasst Satzungsbeschlüsse für den Andechser Hof und die Kohlen-Müller-Nachfolge

Das ist schon etwas Besonderes, wenn am Ende eines Bebauungsplanverfahrens der Satzungsbeschluss zu fassen ist. Dann ist der betreffende Bebauungsplan fertig. Vorige Woche war das im Bau- und Ortsplanungsausschuss des Tutzinger Gemeinderats gleich zwei Mal der Fall: Abgeschlossen wurden die Bebauungspläne für den Andechser Hof - einstimmig - sowie für den Nachfolgebau von Kohlen-Müller und Tengelmann/Edeka - bei zwei Gegenstimmen. Bei der Kohlen-Müller-Nachfolge gibt es allerdings noch einen kleinen Vorbehalt, weil noch eine Unterlage fehlt. Erst wenn sie vorliegt, kann dieser Satzungsbeschluss in Kraft treten.

In beiden Fällen handelt es sich um recht große Projekte. „Tutzings Mitte blüht auf“, kündigt die für den Kohlen-Müller-Nachfolgebau zuständige Starnberger Gesellschaft Imeno schon seit längerer Zeit auf ihrer Webseite an. Geschäfte im Erdgeschoss und 22 Wohnungen in zwei Obergeschossen sind vorgesehen, zur Hauptstraße hin soll ein gewisser Platzcharakter entstehen, indem das Gebäude ein paar Meter von der Straße abrückt.

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Der geplante Nachfolgebau von Kohlen-Müller, in der Mitte etwas von der Hauptstraße abgerückt, seitlich mit zwei Vorbauten © Imeno GmbH
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Über das nun per Satzungsbeschluss beendete Bebauungsplanverfahren Andechser Hof hat Bürgermeisterin Marlene Greinwald sofort nach dem Satzungsbeschluss, noch während der Sitzung, eine offenbar zuvor erstellte Presseerklärung verteilen lassen. „Der Bebauungsplan schafft zusätzlichen Wohnraum, insbesondere aber sichert er die von der Gemeinde gewollte dauerhafte Nutzung des ortsbildprägenden Andechser Hofes durch Gastronomie einschließlich Veranstaltungsräumen und Biergarten“, so Greinwald in dieser Erklärung. Es habe zwar Einvernehmen zwischen der Gemeinde Tutzing und den heutigen Eigentümern über das Ziel des Bebauungsplans gegeben - nämlich die Nutzung des Andechser Hofs als Gastronomie zu sichern und zusätzlichen Raum für Wohnungen und Gewerbe im Plangebiet zur Schmiedgasse hin zu sichern. Einig gewesen seien sich Eigentümer und Gemeinde auch in der Sicherung eines verträglichen Nebeneinander von Wohnen in der Ortsmitte und einer funktionierenden Gastronomie. Jedoch seien die Eigentümer nach monatelangen Verhandlungen nicht mehr bereit gewesen, „das verträgliche Nebeneinander von Wohnen im Plangebiet und der Nutzung des Andechser Hofes als Gastronomie mit Veranstaltungsräumen und Biergarten vertraglich abzusichern“.

Die Presseerklärung im Wortlaut:

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Viel Zustimmung im Gemeinderat gab es für dieses Nachfolgekonzept des Andechser Hofs, als es der Stadtplaner Anfang 2019 vorstellte. Seitdem hat sich viel verändert. © Prof. Florian Burgstaller

Georg Schuster, der den Andechser Hof 2018 mit seiner Frau Kornelia vom Kloster Andechs gekauft hat, gehört für die FDP dem Gemeinderat an, aber nicht dem Bauausschuss. Die Sitzung verfolgte er als Zuschauer. Nach den Vorgaben des Bebauungsplans bauen will er nicht, sagte er später. Aus seiner Verärgerung macht er kein Geheimnis. In der Haltung der Kommualpolitik zu diesem Projekt sind deutliche Veränderungen aufgefallen. Als der Stadtplaner der Gemeinde vor vier Jahren ein erstes Konzept für den Neubau vorstellte, wurde der Entwurf sowohl im Gemeinderat als auch im Bauausschuss zunächst einhellig begrüßt. „Ein Entwurf, der Freude macht“ Viele Einheimische hofften damals auf die baldige Eröffnung einer neuen Wirtschaft. Doch dann tauchten offenbar immer neue Probleme auf. Die genauen Hintergründe sind nie ganz klar geworden, denn Vieles wurde in nicht-öffentlichen Sitzungen besprochen. Umso mehr hat das alles in Tutzing zu vielen Diskussionen darüber geführt, ob das erste Konzept unausgegoren war, ob wichtige Aspekte zunächst übersehen und erst später einbezogen wurden oder ob ganz andere, vielleicht gar persönliche Gründe eine Rolle spielen.

Auch mit der Presseerklärung von Bürgermeisterin Greinwald zeigt sich Schuster nicht in allen Teilen einverstanden. Das betrifft besonders die Passage, in der den Eigentümern vorgehalten wird, sie seien nicht zur vertraglichen Absicherung eines "verträglichen Nebeneinanders" von Wohnen und Gastronomie bereit gewesen. „Wir waren nie gegen die Gastronomie“, stellt Schuster klar: „Wir haben sie von vornherein eingeplant und wollten sie von Anfang an mit dem Biergarten aufrechterhalten.“ Es habe eine fertige Planung gegeben, eine Brauerei habe bereits einen Innenarchitekten beauftragt. Die geforderte vertragliche Absicherung aber sei „eine reine Schikane“. Nach der Unterzeichnung eines ersten städtebaulichen Vertrags über die Kostenübernahmen hätten die Eigentümer mit einem zweiten städtebaulichen Vertrag Verpflichtungen eingehen sollen, die ihr Rechtsanwalt als sittenwidrig bezeichnet habe. So hätten sie für Dritte haften sollen: „Wenn ein Mieter gegen die Wirtschaft klagt, sollten wir herangezogen werden, nicht der Wirt.“ Und wenn die Wirtschaft mehr als sechs Wochen nicht in Betrieb sein sollte, dann sollten die Eigentümer laut Schuster monatlich 5000 Euro an die Gemeinde zahlen. Sehr kritisch äußert sich Schuster auch über andere Punkte. So hat die Gemeinde beim Andechser Hof das Baurecht reduziert, obwohl es nach der Rechtsprechung größer sein könnte, wie ein für die Gemeinde tätiger Rechtsanwalt bestätigt hat. Schuster verweist verständnislos auf höheres Baurecht beim Kohlen-Müller-Nachfolgebau. Im Gegensatz zum ersten Konzept wurde auch für das Hauptgebäude eine reine Nutzung als Gaststätte und Beherbergungsbetrieb verfügt. Seine Kollegen im Gemeinderat verstehe er nicht, sagt Schuster, "dass da keine Nachfragen kamen".

Für Schuster steht fest: „Wirtschaftlich und baulich ist der Bebauungsplan nicht umsetzbar, rechtlich ist er zweifelhaft.“ Wie es weitergeht? „Wir werden uns von einem Anwalt beraten lassen“, sagt er, „ob wir gegen den Bebauungsplan klagen oder nicht.“

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Kommentare

Sollten die Anmerkungen, Vertragsdetails des verabschiedeten Bebauungsplans "Andechser Hof" wirklich zutreffen, dann würde ich als Unternehmer auch nicht unterschreiben....
Das scheint ein "Bauverhinderungsplan" zu sein. Ich bin überzeugt, dass auch andere Investoren hier nicht einsteigen werden.
Somit ist sichergestellt, dass die nächsten (10) Jahre weiterhin dieses Abbruchgebäude stehen bleibt und auch kein Wohnraum und Gastronomie geschaffen wird.
Wir haben vor Jahren auch an der Lichterkette für den Andechser Hof teilgenommen, vorher lag es am Kloster Andechs, jetzt.........
Vielleicht geschehen ja noch Zeichen und Wunder.
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