Bauplanung
27.1.2023
Von vorOrt.news

Baurecht des Andechser Hofs wird reduziert

Nutzung des Hauptgebäudes wird auf Gaststätte und Beherbergungsbetrieb beschränkt

Andechser-Hof3.jpg
"Reduktion des Baurechts"; Das stand in einer Präsentation des Stadtplaners über den Andechser Hof im Bauausschuss des Gemeinderats © L.G.

Beim „Andechser Hof“ wird das Baurecht reduziert. Das ist im Bau- und Ortsplanungsausschuss des Tutzinger Gemeinderats am Dienstag bestätigt worden. Nach der Rechtsprechung könnte das Baurecht größer sein, wie Gemeindeanwalt Dr. Volker Gronefeld offen erklärte. Er fügte aber hinzu, dass dies nicht dem Planungsziel der Gemeinde entsprechen würde.

Der Bauausschuss hat die neue Fassung des Bebauungsplans befürwortet. Die Eigentümer des Andechser Hofs, Kornelia und Georg Schuster, hatten sich immer wieder wegen einer Reduzierung ihres Baurechts beschwert. Nach der zu erwartenden weiteren Entwicklung beim Andechser Hof gefragt, erklärte Schuster nach der Sitzung: „Ich gehe davon aus, dass auf dem Grundstück des Andechser Hofs in den nächsten fünf Jahren nichts gebaut wird.“

Stadtplaner begründet Reduktion des Baurechts mit der "städtebaulichen Konzeption"

Stadtplaner Prof. Florian Burgstaller erklärte in der Sitzung, die „Reduktion des Baurechts“ begründe sich „aus der städtebaulichen Konzeption“. Dazu legte er detaillierte Vergleichszahlen mit anderen Gebäuden in der Umgebung vor. Er gelangte zu der Schlussfolgerung: „An der Hauptstraße ist kein Haus wesentlich größer.“

Bei einer Beurteilung nach der Umgebungsbebauung, wie sie das Baugesetzbuch in Paragraf 34 ohne Bebauungsplan vorsieht, wäre eine größere Nutzfläche möglich, sagte Burgstaller. Die Differenz sei aber nicht allzu groß. Er bezifferte sie für beide Gebäude – das Hauptgebäude direkt an der Hauptstraße und ein Rückgebäude - zusammen mit 12,4 Prozent, für das Hauptgebäude allein mit 3,3 Prozent, für das Rückgebäude allein mit 38 Prozent. Drei Prozent seien nur „eine minimale Differenz“, meinte Dr. Ernst Lindl (CSU).

Schuster, der selbst FDP-Gemeinderat ist, sieht dies ganz anders. Er beklagte nach der Sitzung, dass das Rückgebäude um fast ein Drittel reduziert werde. Auch das Hauptgebäude sei „immer wieder zusammengestrichen“ worden. So habe man seine Wandhöhe von 8,17 auf 7,60 Meter reduziert. Auf das Argument angesprochen, in der Hauptstraße sei kein Haus wesentlich größer, sagte Schuster, der geplante Nachfolgebau von Kohlen-Müller und Tengelmann/Edeka in der Ortsmitte sei bei diesem Vergleich nicht einbezogen worden. Dieser Neubau werde um mindestens drei Meter höher sein, seine Fläche sei ähnlich groß, obwohl das betreffende Grundstück um 1000 Quadratmeter kleiner als das des Andechser Hofs sei.

Anzeige
Beautiful-April-2024B.png

Gemeindeanwalt zu Vertrag: Eigentümer wollten nicht

Tourismusverein1.png
Vergebliche Plädoyers: Seit Jahren setzt sich der Tutzinger Förderverein für Tourismus für eine Wiedereröffnung des "Andechser Hofs" ein © Tutzinger Förderverein für Tourismus

Der Bebauungsplan beschränkt die Nutzung des Hauptgebäudes außerdem im gesamten Erdgeschoss auf eine Gaststättennutzung und in den gesamten Obergeschossen auf einen Beherbergungsbetrieb. Das begründet das Bauamt der Gemeinde mit den denkbaren Emissionsbelastungen und ihren Folgen: Wenn in dem Gebäude Eigentumswohnungen erstellt und verkauft würden, dann hätten deren Bewohner bei Lärm aus der Gaststätte eine Klagemöglichkeit, und diese könne den Bestand der Gaststätte in Frage stellen. Das sei der einzige Grund für die Beschränkung.

Zulässig sind nach dem Beschluss nur Nutzungen in Zusammenhang mit dem Beherbergungsbetrieb, so etwa Mitarbeiterwohnungen und Gästezimmer in den Obergeschossen. Bei ihnen gilt das Klagerisiko als nicht so groß. Im Bauamt der Gemeinde Tutzing wird betont, dass diese Regelung rein der Erhaltung der Gaststätte diene, die sonst gar nicht eröffnet werde müsste.

Die Regelung scheint durchaus umstritten gewesen zu sein, wie Äußerungen von Gemeinderatsmitgliedern im Bauausschuss erkennen ließen. Ein Hotel an dieser Stelle sei weder von der Gemeinde gewünscht noch erforderlich, erklärte Dr. Joachim Weber-Guskar (FDP): „Das schränkt die Projektierung enorm ein.“ Nach seiner Auffassung wäre eine Nutzungsbeschränkung auch über einen Grundbucheintrag möglich gewesen.

Das sei nur zivilrechtlich möglich, sagte Jurist Gronefeld dazu: „Wir haben es ein Jahr lang versucht, aber das ist gescheitert.“ Es sei die freie Entscheidung der Eigentümer: „Sie wollten nicht.“ Die Gemeinde könne sich deshalb nur aufs öffentliche Recht zurückziehen. Dass keine andere Möglichkeit gefunden wurde, bedauerte Weber-Guskar sehr.

Eigentümer zu Vertrag: Wie eine Enteignung

Schuster hat die Beschränkung auf einen Beherbergungsbetrieb auf Nachfrage als „Schikane“ bezeichnet. „Wir haben eine Gastronomie immer in den Vordergrund gestellt“, sagte er, „aber der zweite städtebauliche Vertrag ist von der Gemeinde immer wieder geändert worden.“ Schuster bestreitet eine Planung von Eigentumswohnungen. Stattdessen seien Mietwohnungen vorgesehen gewesen. Für die Nutzung von 20 bis 25 solchen Wohnungen habe es bereits eine mündliche Zusage der Artemed-Klinikgruppe gegeben. Außerdem habe man Räume für eine Zahnarztpraxis und für ein Fitnessstudio vorgesehen, bei denen die Lärmproblematik als nicht wesentlich einzuschätzen sei.

Der Vertragsentwurf der Gemeinde sei für die Eigentümer nicht akzeptabel gewesen, sagte Schuster. Dieser Vertrag wäre nach seinen Worten „wie eine Enteignung“ und in Teilen sittenwidrig gewesen. So hätten die Eigentümer in bestimmten Fällen für Dritte haftbar gemacht werden sollen, was rechtlich überhaupt nicht möglich sei. Zudem hätten die Eigentümer nach seinen Angaben für den Fall, dass die Gaststätte für einen bestimmten Zeitraum nicht betrieben werden sollte, einer Konventionalstrafe zustimmen sollen. Auf so eine Regelung habe man nicht eingehen können, denn sonst, sagte Schuster, hätte etwa bei einer Pause wegen eines Pächterwechsels oder aus anderen Gründen sofort eine Strafzahlung gedroht.

ID: 5538
Über den Autor

vorOrt.news

Kommentar hinzufügen

Anmelden , um einen Kommentar zu hinterlassen.

Kommentare

Unstrittig ist, dass beiden Darstellungen nicht wirklich zusammen passen.
Aber welche Version kommt der Wahrheit näher?
Verstehe nur ich es nicht?
Feedback / Fehler melden